Tourismus

Marktstudie zur Bedeutung des Abenteuertourismus und Outdoorsports in Deutschland

Autoren: Manuel Sand* und Sven Groß

Abenteuertourismus und Outdoorsport sind seit vielen Jahren Gegenstand wissenschaftlicher Untersuchungen. Der Begriff Abenteuertourismus wird dabei von der Tourismuswirtschaft und -wissenschaft als Oberbegriff (im Englischen „umbrella term“) für verschiedene Aktivitäten verwendet (vgl. Rantala et al., 2018, S. 547). Unter Outdoorsport werden Aktivitäten verstanden, die einen gewissen Erlebnischarakter aufweisen und in der Auseinandersetzung mit der Natur ausgeübt werden. Auch ein gewisses Risiko und das Überwinden von Grenzen spielen dabei oftmals eine Rolle.

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Im angelsächsischen Sprachgebrauch hat sich der Begriff „Adventure tourism“ etabliert. Der deutsche Begriff „Abenteuertourismus“ ist dagegen wenig gebräuchlich. Daher existieren bisher kaum Daten oder Forschungsbeiträge zum Abenteuerreisemarkt in Deutschland.

Camping, Foto: Manuel Sand

Methodik einer Online-Befragung

1.500 Personen ab 18 Jahren haben einen 39 Fragen umfassenden Online-Fragebogen ausgefüllt, wobei 21 Fragen an alle Befragte und weitere Fragen an Abenteuer-Reisende bzw. Abenteuerreise-Interessierte gestellt wurden. Gemäß der Verteilung aus dem Quotenplan wurde eine Zufallsstichprobe aus dem deutschen Online-Panel der myonlinepanel GmbH gezogen, in dem sich Ende 2021 ca. 60.000 Personen befanden. Zur Grundgesamtheit werden deutschsprachige, in Privathaushalten lebende Internetnutzer zwischen 18 und 75 Jahren gezählt, die innerhalb der letzten zwei Jahre seit der Befragung eine Urlaubsreise mit mindestens einer Übernachtung durchgeführt haben.

Die Stichprobe ist (quasi-)repräsentativ für die deutschen Internetnutzer, die innerhalb der letzten zwei Jahre eine Urlaubsreise mit mindestens einer Übernachtung durchgeführt haben. Als Merkmale für die Konstruktion der Stichprobe wurden das Alter, das Geschlecht sowie die Herkunft (nach Nielsen-Regionen) verwendet.

Ausgewählte Ergebnisse der Online-Befragung

Zugehörigkeit von Aktivitäten zum Abenteuertourismus

Die Probanden wurden bei 29 Aktivitäten befragt, ob diese aus ihrer Sicht zum Abenteuertourismus zählen oder nicht. Aus Sicht der Befragten gehören Safaris, Rucksackreisen/Backpacking, Rafting, Klettern am Felsen, Fallschirmspringen und Gleitschirmfliegen am ehesten zum Abenteuertourismus. Danach folgen Tauchen, Camping in der Natur, Kanuwandern, Kajakfahren, Biwakieren sowie Bergwandern und Trekking dazu. Wandern, Joggen, Vogelbeobachtungen und Fischen/Fliegenfischen wird dagegen von den Wenigsten zum Abenteuertourismus gezählt. Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass die deutschen Probanden v.a. die Aktivitäten dem Abenteuertourismus zuordnen, die dem sog. Hard Adventure-Tourismus zugeordnet werden. Rafting, Klettern am Felsen, Fallschirmspringen, Gleitschirmfliegen und Tauchen sind hier zu nennen. Es fällt aber auch auf, dass Safaris und Rucksackreisen/Backpacking die ersten beiden Plätze einnehmen.

Mountainbike-Tour, Foto: Manuel Sand

Motive zum Abenteuertourismus

Bei den abgefragten Motiven fällt auf, dass die Befragten während ihrer Abenteuerreisen v.a. einen Ausgleich vom Alltag, eine ungezwungene Entfaltung und eine Entschleunigung in der Natur suchen. Die weiteren Motive, die aus Sicht der Befragten (stark) zutreffen, sind Naturphänomene und schöne Landschaften vermitteln ein Gefühl der Geborgenheit, (Abenteuer-)Reisen dienen der persönlichen Bereicherung durch Erfahrungen und Wissen und das zu sich selbst kommen („Einklang mit mir selbst“).

Motive zum Abenteuertourismus (n = 1.365)

MotivMittelwert
Ich suche auf Reisen einen Ausgleich zum Alltag1,71
Ich genieße es, mich im Urlaub ungezwungen entfalten zu können.1,74
Entschleunigung finde ich am besten in der Natur1,81
Naturphänomene und schöne Landschaften vermitteln mir ein Gefühl der Geborgenheit1,83
Für mich sollen Reisen der persönlichen Bereicherung durch Erfahrungen und Wissen dienen1,85
In der Natur bin ich oft im Einklang mit mir selbst1,88
Mir ist es wichtig eine Bindung zu Natur und Kultur des Reiseziels aufzubauen2,00
Das Erleben von Naturphänomenen und schönen Landschaften ruft in mir ein Gefühl der Demut hervor2,04
Es bereitet mir Freude, herausfordernde Situationen zu meistern2,22
Ich erlebe meine Aktivitäten in der Natur gerne mit Gleichgesinnten2,26
Nach einer gemeisterten Herausforderung habe ich das Gefühl, das ich alles schaffen kann2,26
Ich weiß, wie ich in schweren Situationen bestehen/durchhalten kann2,28
Ich genieße es, in der Natur von Gleichgesinnten umgeben zu sein2,32
Das vollständige Aufgehen in herausfordernden Situationen gibt mir Kraft2,36
Ich erlebe gerne Abenteuer, um mich besser kennenzulernen2,52
Ich genieße es, Abenteuer in einer festen Gemeinschaft zu erleben2,56

Skala: 1 = trifft voll und ganz zu; 2 = trifft eher zu; 3= weder noch; 4 = trifft eher nicht zu; 5 = trifft überhaupt nicht zu

Bedeutung der Nachhaltigkeit bei einer Abenteuerreise

Vier der abgefragten Nachhaltigkeitsaspekte werden von der Mehrheit als (eher) wichtig angesehen – es handelt sich hierbei um die artgerechte Beobachtung von Tieren, kleine, naturverträgliche Gruppen, faire Löhne für Guides in den Destinationen und nachhaltige Aktivitäten in den Destinationen. Die artgerechte Beobachtung von Tieren sticht hierbei mit einem Mittelwert von 1,95 etwas hervor, da dies drei von vier Probanden als „sehr wichtig“ (41,6%) oder „eher wichtig“ (32,7%) ansehen. Die Vermeidung von Flugreisen oder eine (eigene) Kompensation wird von wenigen Befragten als wichtig angesehen.

Wichtigkeit von Maßnahmen für eine nachhaltige Entwicklung bei Abenteuerreisen (n = 1.500)

MaßnahmeMittelwertTop2-Bewertung
Artgerechte Beobachtung von Tieren1,9574,3%
Kleine, naturverträgliche Gruppen2,2365,4%
Faire Löhne für Guides in den Destinationen2,2962,1%
Nachhaltige Aktivitäten in den Destinationen2,4453,7%
Infos zu nachhaltigen Konzepten der Anbieter2,6645,3%
Vermeidung von Flugreisen, wo dies möglich ist2,6846,6%
Vermeidung von gedruckten Katalogen2,7740,5%
Kompensation des CO2-Ausstoßes durch den Anbieter2,8537,9%
Eigene Kompensation des CO2-Ausstoßes2,8636,7%

Skala: 1 = sehr wichtig; 2 = eher wichtig; 3 = teils/teils; 4 = eher unwichtig; 5 = voll und ganz unwichtig

Weitere Ergebnisse

Die weiteren Ergebnisse der Online-Befragung sowie grundlegende Ausführungen zur Abgrenzung, Inhalte und Ausgestaltung des Abenteuertourismus können im Buch „Draußen erleben! Abenteuer – Outdoor – Tourismus“ (beim UVK-Verlag erhältlich) nachgelesen werden. Ausgewählte Ergebnisse werden darüber hinaus in der wissenschaftlichen Fachliteratur aufbereitet.

Foto: UVK-Verlag

* Prof. Dr. Manuel Sand: Professor an der Hochschule für angewandtes Management im Bereich Outdoorsport und Adventuremanagement sowie akademischer Leiter am Adventure Campus Treuchtlingen. Er leitet das Studienprogramm “Outdoorsport und Adventuremanagement” und forscht in den Bereichen Abenteuertourismus, Outdoorsport und Naturschutz, Outdoorsport und Gesundheit.

Sven Groß

Dr. Sven Groß ist seit 2005 Professor für Management von Verkehrsträgern an der Hochschule Harz. Seine Forschungsschwerpunkte sind Tourismus und Verkehr, Travel Management, Abenteuertourismus sowie touristische Marktforschung. In diesen Themenfeldern hat er fast 100 Beiträge publiziert. Zusammen mit seiner Frau Prof. Dr. Matilde S. Groß ist er Betreiber des Informationsportals www.tourismusundverkehr.de. Dort steht u. a. eine umfangreiche Sammlung an Informationsquellen in den Themenfeldern Tourismus und Verkehr zur Verfügung.

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