In einer Zeit, in der der Wettbewerb um qualifizierte Arbeitskräfte stetig zunimmt, wird Personalmarketing für Unternehmen immer wichtiger. Doch was genau versteht man unter diesem Begriff und wie unterscheidet sich Personalmarketing vom oft synonym verwendeten Employer Branding? Der Wirtschaftspsychologe Uwe Peter Kanning beleuchtet die Perspektive der Wirtschaftspsychologie und zeigt, welche Methoden wirklich funktionieren und welche Fallstricke vermieden werden sollten.1
Personalmarketing umfasst alle Maßnahmen, die darauf abzielen, potenziell geeignete Kandidaten anzusprechen und für eine Bewerbung zu gewinnen. Darüber hinaus soll eine positive Einstellung zum Unternehmen gefördert werden, um letztlich einen Vertragsabschluss zu ermöglichen. Im Gegensatz zum Employer Branding, das auf den Aufbau eines positiven Arbeitgeberimages abzielt, konzentriert sich Personalmarketing darauf, die Zusammensetzung des Bewerberpools gezielt zu beeinflussen. Ziel ist es, nicht die Menge, sondern die Qualität der Bewerbungen zu verbessern.
Ein zentrales Thema im Personalmarketing ist die Frage, was einen Arbeitgeber attraktiv macht. Hierbei wird zwischen konkreten und abstrakten Merkmalen unterschieden. Zu den konkreten Merkmalen zählen Aspekte wie Gehalt, Arbeitsort und Arbeitszeiten, während abstrakte Merkmale Werte und Traditionen wie Teamorientierung oder Fairness umfassen. Studien zeigen, dass konkrete Merkmale für Bewerber oft entscheidender sind, allerdings können abstrakte Werte den Ausschlag geben, wenn sich potenzielle Arbeitgeber bei den konkreten Angeboten kaum unterscheiden.
Effektives Personalmarketing bedeutet, die richtigen Methoden zur Ansprache der gewünschten Zielgruppe zu wählen. Kanning stellt in seinem Beitrag verschiedene Instrumente vor, die Unternehmen einsetzen können:
1. Stellenanzeigen
Stellenanzeigen sind nach wie vor das häufigste Mittel im Personalmarketing. Heute dominieren Anzeigen auf Internetportalen und den Webseiten der Arbeitgeber. Wichtig ist dabei, dass die Anzeigen gut gestaltet und glaubwürdig sind. Bewerber schätzen detaillierte und realistische Informationen. Eine zu generische oder überzogene Darstellung senkt die Attraktivität des Unternehmens.
2. Persönliche Ansprache
Die persönliche Ansprache, etwa durch Mitarbeiterempfehlungen, kann eine sehr effektive Methode sein, um qualifizierte Kandidaten zu gewinnen. Studien zeigen, dass durch Empfehlungen von Vorgesetzten oder Kollegen die Wahrscheinlichkeit steigt, geeignete Bewerber zu finden. Diese Methode basiert darauf, dass die Empfehlenden bereits eine Vorauswahl treffen und nur Kandidaten ansprechen, die wirklich geeignet erscheinen.
3. Headhunting und Mitarbeiterwerbung
Headhunting zielt auf die Abwerbung von Mitarbeitern anderer Unternehmen, meist für Führungspositionen. Doch hier gibt es Risiken: Oftmals verlassen sich Headhunter zu sehr auf das Image der angesprochenen Kandidaten, statt ihre tatsächliche Leistungsfähigkeit zu prüfen. Mitarbeiterwerbung hingegen nutzt die Netzwerke der bestehenden Belegschaft, um geeignete neue Mitarbeiter zu finden. Diese Methode hat sich als wirksam erwiesen, da Mitarbeiter meist gezielt Personen ansprechen, die gut zur Unternehmenskultur passen könnten.
4. Praktika als Chance
Praktika bieten eine doppelte Chance: Sie ermöglichen es Unternehmen, potenzielle Mitarbeiter kennenzulernen, und bieten den Praktikanten Einblicke in den Arbeitsalltag. Positive Erfahrungen während eines Praktikums führen oft zu Empfehlungen im Freundes- und Bekanntenkreis und erhöhen die Attraktivität des Unternehmens als Arbeitgeber. Allerdings funktioniert dies nur, wenn Praktikanten sinnvoll eingesetzt werden und nicht als billige Aushilfskräfte dienen.
5. Professionelle Auswahlverfahren
Das Auswahlverfahren eines Unternehmens ist quasi seine Visitenkarte. Bewerber erwarten ein professionelles Vorgehen, das auf Transparenz und Fairness basiert. Studien belegen, dass leistungsstarke Kandidaten, die in ein strukturiertes und respektvolles Auswahlverfahren eingebunden sind, eher geneigt sind, ein Jobangebot anzunehmen.
Ein entscheidender Punkt im Personalmarketing ist die Zusammensetzung des Bewerberpools. Gutes Personalmarketing bedeutet nicht, möglichst viele Bewerber zu gewinnen, sondern die richtigen. Eine Vielzahl von Bewerbungen ist nur dann von Vorteil, wenn sich darunter auch genügend geeignete Kandidaten befinden. Schlechtes Personalmarketing, das lediglich auf Masse setzt, kann hingegen kontraproduktiv sein. Es erhöht die Wahrscheinlichkeit von Fehlentscheidungen und mindert langfristig die Qualität der Belegschaft.
Kanning führt aus, dass sich die Situation eines Unternehmens nicht zwingend verbessert, wenn durch Personalmarketing einfach mehr Bewerbungen generiert werden. Entscheidend ist, dass die Grundquote an geeigneten Kandidaten im Bewerberpool erhöht wird. Schlechtes Marketing kann sogar dazu führen, dass die Qualität der Bewerber sinkt, da viele ungeeignete Kandidaten angelockt werden. Um dem entgegenzuwirken, sollten Maßnahmen ergriffen werden, die geeignete Kandidaten ansprechen und ungeeignete Personen abschrecken.
In Zeiten des demografischen Wandels und Fachkräftemangels wird Personalmarketing immer wichtiger. Unternehmen, die nicht nur ein attraktives Image aufbauen, sondern auch gezielt geeignete Mitarbeiter ansprechen, haben einen klaren Wettbewerbsvorteil. Doch die Kunst besteht nicht nur darin, sich als attraktiver Arbeitgeber zu präsentieren, sondern auch darin, die Versprechen zu halten. Denn wer seine Mitarbeiter durch falsche Versprechungen anlockt, riskiert, dass sie das Unternehmen bald wieder verlassen – und mit ihnen die guten Empfehlungen.
Personalmarketing gewinnt zunehmend an Bedeutung und sollte nicht mit Produktmarketing verwechselt werden. Es erfordert ein tiefes Verständnis der Zielgruppe und eine gezielte Ansprache. Unternehmen, die nachhaltig erfolgreich sein wollen, sollten sich auf Maßnahmen konzentrieren, die nicht nur kurzfristig Aufmerksamkeit erzeugen, sondern langfristig die Zusammensetzung ihrer Belegschaft verbessern. Letztlich geht es darum, ein authentisches Bild zu vermitteln und als Arbeitgeber zu überzeugen – nicht durch leere Versprechungen, sondern durch echte Qualität und Werte.
1 Dieser Artikel basiert auf dem Beitrag „Personalmarketing – Die Perspektive der Wirtschaftspsychologie“ von Uwe Peter Kanning aus dem Buch „Personalmarketing in 3D“ (Hrsg. Ahrendt / Wöhrmann), Thurm-Verlag 2018. Eine Übersicht weiterer Artikel aus dem Buch findest du hier
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