Aufputschmittel und andere „Helferlein“

Tschüss Studium? Eine Frage, die durchaus brisant ist: Tatsächlich werfen nicht wenige Studenten schon vor dem erfolgreichen Abschluss das Handtuch und brechen das Studium ab. Die genauen Motive lassen sich gar nicht so exakt benennen. Ein Grund dafür soll der mit dem Studienalltag verbundene Stress sein – zumindest empfinden viele Studierende den Studienalltag keineswegs immer nur als anregende Herausforderung.

Es scheint so, dass ein Erfolgsfaktor für ein erfolgreiches Studium die Fähigkeit ist, auch schwierige Situationen meistern zu können. Man nennt das auch Resilienz oder psychische Widerstandskraft. Aber nicht allen ist das gleichermaßen in die Wiege gelegt, egal ob im Beruf, im Privaten oder eben im Studium.

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Vor allem der Leistungsdruck wirkt oft belastend. Unsicherheit, Nervosität, Anspannung sowie ein besonders hoher Anspruch an sich selbst, womöglich gepaart mit einem überzogenen Ehrgeiz oder Probleme im persönlichen Umfeld können schnell zum Hamsterrad werden aus dem man so ohne weiteres nicht mehr hinausfindet. Die Folge: Erschöpfung, Burn-out oder sogar Depressionen. Da ist die Hemmschwelle, es einmal vielleicht mit irgendwelchen Aufputsch- oder Beruhigungsmitteln zu versuchen, womöglich niedrig. Gemeint sind nicht die morgendliche Tasse Kaffee, Johanniskraut- oder Baldriankapseln, Vitaminpräparate als Nahrungsergänzung oder ein Energiedrink zwischendurch. Es geht um die härteren Sachen.

Die Einnahme rezeptpflichtige Medikamente, Schmerz- oder Beruhigungsmittel oder sogar illegaler Drogen zur Leistungssteigerung und Selbstoptimierung ist gar nicht so selten: Studien haben ergeben, dass etwa fünf Prozent der Studenten Erfahrungen mit entsprechenden Muntermachern haben. Es geht darum, die Nervosität und Prüfungsangst zu lindern und die Konzentration zu stärken. Man spricht auch von Neuro-Enhancement oder Doping fürs Gehirn. Klar, man will für die Prüfungszeit gewappnet sein und maximale Leistung erbringen. Kurios ist, dass sich die Einnahme solcher Mittel nicht über alle Studiengänge gleichermaßen verteilt: Während Naturwissenschaftler beim Hirndoping kaum vertreten sind, finden sich ausgerechnet Mediziner weit vorne.

Medikamente sind natürlich für Patienten im Krankheitsfall gedacht und nicht für gesunde Personen, bei denen medizinisch gar nichts angeraten ist. Zwar können solche stimulierenden Mittel die Leistungsfähigkeit für einen bestimmten Zeitraum durchaus steigern. Aber zu welchem Preis? Ein Blick in die Packungsbeilagen sollte die Alarmglocken schrillen lassen. Da drohen nicht selten gravierende Risiken und Nebenwirkungen – unter Umständen mit Langzeitfolgen. Das gilt vor allem bei der Einnahme mancher illegaler Substanzen. Kopfschmerzen oder Schlafstörungen zählen da sicher noch eher zu den harmloseren Begleiterscheinungen. Persönlichkeitsveränderungen und Suchterkrankungen wirken da schwerer.

Da sich nicht wenige Studierende mit Schwierigkeiten konfrontiert sehen, lautet die erste Erkenntnis: Man ist nicht allein mit seinen Problemen. Es gibt also keinen Grund, sich zu verkriechen. Und bevor man alles mit sich selbst ausmacht und das Dach über dem Kopf zusammenzukrachen droht, lohnt es sich zweitens zu fragen: Müssen es irgendwelche vermeintliche Glückspillen sein oder gibt es da nicht auch etwas von Hochschulseite?

Tatsächlich wissen viele Studierende gar nicht, dass die Hochschulen ganz unterschiedliche Beratungen und Unterstützungen anbieten. Damit lassen sich kleinere und größere Herausforderungen des Studienalltags meistern oder auch persönliche Anliegen bewältigen. Die entsprechenden Angebote sind regelmäßig kostenlos und selbstverständlich vertraulich, oft auch völlig anonym.

Wer sich also überfordert fühlt und früh auf Signale seines Körpers hört, kann und sollte sich bei Bedarf Unterstützung holen. Manchmal genügt es ja schon an kleineren Stellschrauben zu drehen. Vielleicht fehlt es ja nur an Anregungen für Lernstrategien, die ein gewisses Maß an Sicherheit schaffen können oder aber an Feedback, um die eigene Leistung richtig einzuschätzen.

Sicher finden sich auch an Ihrer Hochschule entsprechende Angebote: Das können individuelle Einzelgespräche sein oder sogar mehrtägige Trainings, Seminare und Workshops. Der Vorteil: Die Beraterinnen und Berater kennen sich mit den besonderen Problemen des Studienalltags aus. Mit ihrer Erfahrung können sie können daher spezielle Orientierung geben und kompetent beim Erarbeiten von Lösungen unterstützen.

Aber bei welchen Anliegen können Hochschulen direkt selbst helfen oder immerhin fachkundigen Rat vermitteln? Nachstehend finden Sie – ohne Anspruch auf Vollständigkeit – ein kleines ABC an typischen Situationen. Sie gelten für studienbezogene und persönliche Probleme gleichermaßen:

  • Ängste unterschiedlicher Art
  • Burn-Out
  • Depression
  • Entscheidungsschwierigkeiten
  • Familien- und Beziehungsprobleme
  • Kontaktschwierigkeiten
  • Lernprobleme
  • Prokrastination („Aufschieberitis“)
  • Prüfungsstress
  • Selbstmanagement
  • Stressbewältigung
  • Studienorientierung
  • Sucht(-gefährdung)
  • Überlastungsgefühle
  • Zeitmanagement

Auch wenn Sie sich mit Ihrem Anliegen in der vorgenannten Aufzählung vielleicht nicht direkt wiederfinden: Manchmal reicht es ja schon, einfach mal mit jemandem zu quatschen. Und wo wird man fündig? Wie sie oft im Internet. Auf den Hochschulseiten sind die jeweiligen Angebote und Kontaktpersonen meist leicht zu finden.

Ach ja: Sollten Sie doch noch irgendwo ein paar Pillen herumliegen haben, entsorgen Sie sie – vielleicht mit einem Lächeln.

Illustration: Ellen Burgdorf auf Basis von bikablo.

André Niedostadek

André Niedostadek ist Professor für Wirtschafts-, Arbeits- und Sozialrecht an der Hochschule Harz und Wirtschaftsmediator. Eine Frage, die ihn derzeit als Hochschullehrer, Speaker & Autor umtreibt: Wie werden wir künftig leben, lernen, arbeiten? Hier auf Wissenschafts-Thurm schreibt er insbesondere zu den Themen Recht, Studium und Veränderungen in der Arbeitswelt.

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