Silver Work, weil’s Spaß macht: Warum immer mehr Rentner im Beruf bleiben

In einer Zeit, in der Beruf und Freizeit zunehmend miteinander verschmelzen, gibt es eine interessante Entwicklung: Immer mehr Menschen entscheiden sich bewusst dafür, auch über das Rentenalter hinaus im Beruf aktiv zu bleiben. Doch was treibt sie an? Geht es nur ums Geld oder vielmehr um die Freude und Erfüllung, die sie in ihrer Arbeit finden? Die Antwort ist so facettenreich wie die Menschen selbst, die sich für den Weg des längeren Arbeitens entscheiden. Begriffe wie Silver Work, persönliche Entwicklung und die Freude am Tun spielen hier eine zentrale Rolle.

Spaß und Erfüllung im Beruf: Arbeiten aus Leidenschaft

Für viele ältere Menschen ist der Job mehr als nur eine Einkommensquelle – es ist eine Berufung. Diese Freude an der Arbeit und das Erleben von Sinn im Alltag sind oft ausschlaggebend dafür, dass sie im Berufsleben bleiben. Dieses Phänomen, als Silver Work bekannt, beschreibt den Wunsch, auch im höheren Alter aktiv und produktiv zu bleiben. Arbeit kann in jeder Lebensphase Freude bereiten und der eigene Erfahrungsschatz wird als wertvoll wahrgenommen. Manche Menschen sehen ihren Beruf als etwas, das ihre Identität und ihren Lebenssinn stiftet.

Wer sich einmal für eine Karriere entschieden hat, der möchte oft auch im Alter seine Kompetenzen nicht brachliegen lassen. So gibt es viele Rentenempfänger, die auch im Alter als Berater, Mentoren oder in Teilzeitrollen tätig sind. Sie genießen die Möglichkeit, ihre Erfahrungen weiterzugeben, Neues zu lernen und Teil eines sozialen Netzwerks zu bleiben. Dies alles trägt zu einem erfüllten Leben im Alter bei.

Altersgerechtes Hinzuverdienen: Finanzielle Freiheit und Lebensqualität

Neben der Freude an der Arbeit gibt es auch finanzielle Gründe, aus denen Rentner im Beruf bleiben. Ein zusätzlicher Verdienst ermöglicht es ihnen, ihre Lebensqualität zu erhöhen und mehr finanzielle Freiheit zu genießen. Dies kann beispielsweise für Hobbys oder Reisen genutzt werden, was wiederum zu einem zufriedeneren Leben beiträgt. Natürlich sollte die Arbeit an die körperlichen und geistigen Fähigkeiten der älteren Menschen angepasst sein.

Altersgerechte Beschäftigungsmodelle, die auf Teilzeit basieren oder flexiblere Arbeitszeiten bieten, sind dabei wichtig. Gerade im Gesundheitswesen, im Einzelhandel oder auch im Bildungssektor gibt es immer wieder Möglichkeiten, in einem überschaubaren Rahmen aktiv zu bleiben. Arbeitgeber erkennen zunehmend, dass ältere Mitarbeiter nicht nur aufgrund ihrer Erfahrung, sondern auch wegen ihrer Loyalität und sozialen Kompetenzen wertvoll sind.

„Länger arbeiten, weil’s Spaß macht“ ist eine Podcastreihe mit Professor Dr. Jürgen Deller und Bastian Schöttler unterstützt durch den Goinger Kreis e.V. und die Leuphana Universität Lüneburg

Neue Lebensphase: Ein fließender Übergang in den Ruhestand

Früher wurde der Übergang in den Ruhestand oft als abrupter Bruch erlebt, bei dem Menschen von einem Tag auf den anderen ihre beruflichen Aktivitäten einstellten. Heute wird der Eintritt ins Rentenalter jedoch eher als eine neue Lebensphase wahrgenommen, die nicht sofort einen Abschied vom Arbeitsleben bedeutet. Zunehmend gestalten Menschen den Übergang in den Ruhestand fließend, indem sie zunächst ihre Arbeitszeit reduzieren, dann neue berufliche Herausforderungen in ehrenamtlicher Tätigkeit suchen oder sich durch Weiterbildung weiterentwickeln.

Für viele Menschen ist die Rente eine Chance, neue Interessen zu entdecken und Zeit in Projekte zu investieren, die im Berufsalltag keinen Platz hatten. Sie nutzen diese Phase, um sich mit Themen auseinanderzusetzen, die ihnen am Herzen liegen. Sei es die ehrenamtliche Arbeit in Vereinen, das Engagement in Umweltprojekten oder das Lernen einer neuen Sprache – diese Vielfalt trägt dazu bei, dass sich ältere Menschen gebraucht und wertgeschätzt fühlen. Dabei folgen sie ihren Interessen.

Persönliche Entwicklung: Weiterbildung und Autonomie im Alter

Länger zu arbeiten bedeutet auch, dass ältere Menschen die Möglichkeit haben, sich weiterzuentwickeln und neue Kompetenzen zu erwerben. Die persönliche Entwicklung endet nicht mit dem Eintritt in den Ruhestand; im Gegenteil, für viele eröffnet sich erst jetzt ein Zeitfenster, um Dinge zu lernen, die im hektischen Berufsalltag zuvor keine Priorität haben konnten. Dies stärkt das Gefühl der Selbstständigkeit und Autonomie, denn wer aktiv ist, fühlt sich vitaler und ist oft auch glücklicher.

Durch die Arbeit können ältere Menschen ihren Horizont erweitern, ihr Wissen auffrischen und sich sogar neuen beruflichen Herausforderungen stellen. Weiterbildung im Alter wird heute zunehmend gefördert – ob durch Online-Kurse, an Universitäten oder in Firmen.

Zufriedenheit im Alter: Aktivität als Schlüssel zu einem erfüllten Leben

Menschen, die freiwillig länger arbeiten, äußern sich häufig zufriedener und sind aktiver. Der Kontakt zu Kollegen, das Erleben von Erfolg und das Gefühl, gebraucht zu werden, tragen erheblich zu einer positiven Lebenseinstellung bei. Diese sinnstiftende Tätigkeit hat, so sagen es uns die Betroffenen, Auswirkungen auf die körperliche und geistige Gesundheit und führt zu einem erfüllteren Leben im Alter.

Es sind oft die kleinen Dinge, die das Arbeiten im Alter so bereichernd machen – ein freundliches Gespräch, das Lösen eines Problems oder das Miterleben von Projekten. Das Gefühl, Teil einer Gemeinschaft zu sein und durch die eigene Arbeit eine Rolle zu spielen, trägt maßgeblich zur Lebenszufriedenheit bei. Man bleibt im Alltag aktiver, hat ein Ziel vor Augen und empfindet eine Erfüllung, die durch passive Tätigkeiten nicht zu erreichen ist.

Fazit: Länger arbeiten – eine Entscheidung für Finanzen, Freude und Sinn

Zusammengefasst zeigt sich, dass das längere Arbeiten im Alter für viele Menschen eine Bereicherung darstellt. Nicht nur finanzielle Motive, sondern auch die Freude an der Arbeit, die Möglichkeit zur persönlichen Weiterentwicklung und das soziale Miteinander sind entscheidende Faktoren, warum immer mehr ältere Menschen nicht sofort in den Ruhestand treten. Die Entscheidung, auch im Rentenalter weiterzuarbeiten, ist dabei eine sehr persönliche – doch für viele ist sie der Weg zu einem glücklicheren, selbstbestimmten und erfüllteren Leben.

Links:

Deller, J. & Maxin, L. M. (2009). Berufliche Aktivität von Ruheständlern. Zeitschrift für Gerontologie und Geriatrie, 42, 305-310. https://doi.org/10.1007/s00391-009-0047-3

Maxin, L. & Deller, J. (2010). Beschäftigung statt Ruhestand: Individuelles Erleben von Silver Work. Zeitschrift für Bevölkerungswissenschaft, 35, 767-800. https://doi.org/10.4232/10.CPoS-2010-18de

Podcast Länger arbeiten, weil’s Spaß macht. Verfügbar unter https://www.podcast.de/podcast/3494382/laenger-arbeiten-weil039s-spass-macht

Jürgen Deller

Prof. Dr. Jürgen Deller ist Inhaber des Lehrstuhls für Wirtschaftspsychologie der Leuphana Universität Lüneburg. Er ist Mitglied und gewählter Fellow der Society for Industrial and Organizational Psychology (SIOP, American Psychological Association Division 14), Gründungsmitglied des Goinger Kreises e. V., einem Think Tank deutscher Personaler, und ehemaliges Mitglied des Vorstands der European Association of Work and Organizational Psychology (EAWOP). Zudem ist er bei DIN und ISO im Fachausschuß TC314 Ageing Societies aktiv. Seine Forschungstätigkeit umfasst Themen des Managements der demografischen Herausforderung in Organisationen, Arbeit im Ruhestand (Silver Work) und Aspekte des internationalen Personalmanagements. Gemeinsam mit seinem Team hat er den Later Life Workplace Index (LLWI) entwickelt, Der LLWI beschreibt vorteilhafte Arbeitsbedingungen für alternde Belegschaften und ermöglicht es Organisationen, sich hinsichtlich ihrer Vorgehensweisen zu vergleichen. Prof. Deller leitet das internationale Projekt, das den Index für mehr als 30 Länder weltweit entwickelt.

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