Fernreisen mit dem Zeppelin könnten bald möglich sein

Wie reisen wir in zehn oder fünfzehn Jahren? Tourismusforscher sind sich einig: Kreuzfahrtschiffe mit 10.000 Passagieren werden die Meere bevölkern und Überschallflugzeuge in etwas mehr als drei Stunden von London nach New York fliegen. Selbst Ausflüge in den Weltraum und rund um den Mond sind dann machbar, eine prall gefüllte Urlaubskasse vorausgesetzt. Wem das alles zu hektisch ist, hat dann – vielleicht – eine Alternative: eine geruhsame Fernreise mit dem Zeppelin über Kontinente und Meere.

In den zwanziger und dreißiger Jahren fuhren Zeppeline von Deutschland aus in die Arktis und in den Orient, nach Buenos Aires, New York und Rio. Und 1929 sogar um die Welt. Könnten Zeppeline für den touristischen Fernverkehr eine Renaissance erleben? Nicht wenige Experten sind sich sicher: Mit superleichten Materialien und neuen Antriebstechnologien ließen sich wunderbare Zeppeline bauen, komfortabler und sicherer als ihre Vorgänger.

An Bord der Hindenburg
An Bord der Hindenburg (Bild: Wikimedia Commons)

Der erste große Zeppelin erhob sich im Juli 1900 mit fünf Personen an Bord zu seinem Jungfernflug – und musste schon nach zwanzig Minuten auf dem Bodensee notlanden. Doch der Luftschiffpionier Ferdinand Graf von Zeppelin (1838-1917) gab nicht auf und machte seine Zeppeline schon vor dem Ersten Weltkrieg zu zuverlässigen Luftfahrzeugen im innerdeutschen Passagierverkehr (vgl. Die Zeppelin-Story, Teil I).

Der Siegeszug der Zeppeline im Fernreisetourismus begann erst lange nach Beendigung des Ersten Weltkrieges. Ab 1928 flogen die Graf Zeppelin und die Hindenburg (ab 1936) regelmäßig in zweieinhalb Tagen in die USA und in drei Tagen nach Brasilien.

Die Ära der großen Zeppeline. Wirklich aus und vorbei?

Die Zeit der Riesenzeppeline endete am 6. Mai 1937 in Lakehurst bei New York: Die mit entflammbarem Wasserstoff gefüllte Hindenburg geriet bei ihrem Landeanflug in Brand und krachte wie ein riesiger Feuerball auf den Boden. 35 der 97 Personen an Bord kamen bei dem Unglück um. Erst lange nach dem Zweiten Weltkrieg begann man erneut, über den Bau von Zeppelinen ernsthaft nachzudenken, und zwar zunächst für den Transport tonnenschwerer Lasten über unwegsames Gelände.

Anfang des neuen Jahrhunderts wäre es mit dem 260 Meter langen Zeppelin CL-160 der CargoLifter AG in Brand bei Berlin beinahe gelungen, ein neues Kapitel in der Geschichte der Luftschifffahrt zu eröffnen. Doch bevor der erste Prototyp aufsteigen konnte, musste die CargoLifter AG Insolvenz anmelden – nicht etwa wegen unlösbarer technischer Probleme, sondern aus finanziellen und bis heute nicht genau geklärten politischen Gründen.

Komfortable Rundflüge mit dem Zeppelin

Etwa zur gleichen Zeit absolvierte der Zeppelin NT der Friedrichshafener Zeppelin Luftschifftechnik GmbH mit fünfzehn Personen an Bord seinen Jungfernflug. Es war der Beginn einer Erfolgsgeschichte: Bis heute hat der Zeppelin NT rund 200.000 Passagiere befördert, meistens auf Rundflügen über dem Bodensee. Mit seinen 75 Metern ist der Zeppelin NT zwar kein Gigant der Lüfte, aber immerhin der erste „echte“ Zeppelin der Nachkriegszeit – also kein simples Prallluftschiff („Blimp“), wie wir sie häufig als Reklameträger am Himmel sehen können.

Zeppelin NT über dem Bodensee
Der Zeppelin NT über dem Bodensee (Bild: Kleinert)

Es scheint mehr als eine Vision zu sein: Große Frachtluftschiffe werden sich demnächst in die Lüfte erheben. Und dann dürfte es nur eine Frage der Zeit sein, bis sie von mutigen Investoren als Zeppeline für touristische Zwecke umgerüstet und eingesetzt werden.

Hybrid-Luftschiffe – die neuen Zeppeline

Möglicherweise wird es sich um sogenannte Hybridschiffe handeln, die eines Tages die Zeppelin-Story fortschreiben könnten – um bis zu 300 Meter lange, 150 Meter breite und 150 km/h schnelle „Turtle Airships“ für 100 bis 200 Passagiere.

Was ist der Grund für diesen angestrebten Leistungssprung gegenüber den konventionellen Zeppelinen? Es sind die Vorteile des Hybrid-Prinzips: Zum statischen Auftrieb durch Helium tritt eine zweite Komponente, ein kräftiger dynamischer Auftrieb. Dieser Auftrieb wird durch den breiten Rumpf erzeugt (zwei oder drei „Zigarren“ werden zum Beispiel miteinander fest verbunden); das Luftschiff bewegt sich im Luftmeer wie eine Flunder im Ozean. Der Schub der Propeller sorgt dafür, dass über dem Luftschiffkörper wie beim Flugzeug mit seinen Flügeln eine Sogwirkung entsteht, die das Luftschiff nach oben zieht. Die Tragfähigkeit erhöht sich auf diese Weise beträchtlich.

Hybrid-Luftschiff
Hybrid-Luftschiff (Modell). Ein Innendeck verbindet die beiden äußeren Passagiergondeln (Bild: shutterstock / P. Debowski).

Für den Antrieb werden statt Verbrennungsmotoren umweltfreundliche Brennstoffzellen oder E-Motoren sorgen. Schon in wenigen Jahren dürfte es darüber hinaus möglich sein, in Akkus gespeicherten Solarstrom zu nutzen, der über die Außenhülle erzeugt wird. Durch moderne Konstruktionsweisen, personalarme Digitaltechnik und neue Materialien wird im Vergleich mit der Hindenburg das „tote Gewicht“ des Schiffes um rund die Hälfte geringer sein. Entsprechend höher ist die Nutzlast. Für die Passagiere bedeutet das mehr Platz und mehr Komfort.

Ob es jemals wieder Riesenluftschiffe für touristische Fernreisen geben wird? Vielleicht in zehn Jahren – wenn die Weichen jetzt gestellt werden. Oder doch schon eher? 2016 absolvierte der 92 Meter lange „Airlander“ im englische Cardington mit 48 Passagieren erfolgreich seinen Probeflug. Geplant sind jetzt größere Versionen. Und im Mai 2017 berichtete WeltN24 über Gerüchte, dass der Google-Mitgründer Sergey Brin in Kalifornien in einer Riesenhalle ein Luftschiff bauen lasse, größer als die Hindenburg. Das Projekt ist aber genau so geheim wie der Google-Algorithmus; Multimilliardär Brin hüllt sich – noch – in Schweigen. Der Traum des Grafen von Zeppelin und seiner Jünger vom sanften Schweben über ferne Länder, Städte und Meere ist jedenfalls noch nicht zu Ende.

Wer sich dafür begeistern lassen will, dem empfehle ich einen Besuch im Zeppelin-Museum Friedrichshafen. Dazu mehr im nächsten Zeppelin-Blog (Teil III).

LZ 129 Hindenburg
LZ 129 Hindenburg und ein Dornier-Flugzeug über Fernando Noronha, Brasilien. Gemälde von Alexander Kircher (1936). Quelle: Stiftung Preußischer Kulturbesitz, Berlin

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