Graf von Zeppelin – Visionär, Erfinder, Entrepreneur

Für seine Kameraden vom württembergischen Kavallerieregiment war Graf von Zeppelin ein „Teufelskerl“. Und in der Tat, der Mann, dessen Name untrennbar mit Luftschiffen und Zeppelinen verbunden ist, führte in seinen jungen Jahren ein Leben, das eher an Indiana Jones erinnert als an einen erfolgreichen Unternehmensgründer. Die Zeppelin-Story Teil 1

Leutnant Ferdinand Graf von Zeppelin

Im Frühjahr 1863 – in den Vereinigten Staaten tobt der Bürgerkrieg – befindet sich der 25-jährige Leutnant Ferdinand Graf von Zeppelin mitten im Kampfgetümmel am Potomac River. Nur in einem wilden Galopp gelingt es ihm, dem Kugelhagel einer Südstaateneinheit zu entkommen. Als von Präsident Lincoln autorisierter Beobachter hat er genug gesehen: Chaotisch und dilettantisch, so beurteilt er die Manöver der kaum ausgebildeten Milizen.


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Ferdinand Graf von Zeppelin
Ferdinand Graf von Zeppelin und das LZ 12 von 1912. Dieser Zeppelin wurde später vom Heer als Fernaufklärer (Z III) eingesetzt, aber bereits 1914 demontiert. Es galt als technisch veraltet.

Wenige Tage später erlebt er, wie ein bemannter Heißluftballon in den Himmel steigt, um die Bewegungen der feindlichen Truppen auszuspionieren. Und er kann sogar selbst an einer Ballonfahrt teilnehmen. Eine nicht ungefährliche Aktion, denn Freiballons sind nicht lenkbar – wohin sie treiben, entscheidet der Wind. Noch in Amerika beginnt Graf von Zeppelin, über einen lenkbaren Ballon nachzudenken. Die Vision von einem in jede Richtung steuerbaren Luftschiff – den späteren Zeppelinen – sollte ihn nicht mehr loslassen. Vor seiner Rückkehr ins heimatliche Württemberg schloss er sich noch einer Expedition zur Erforschung der Quellen des Mississippi an, auf der die Gruppe in der Wildnis nur dank der indianischen Scouts überlebte.

Graf von Zeppelin – Der Mann, der niemals aufgab

Im Deutsch-Französischen Krieg 1870/71 erwarb sich Graf von Zeppelin durch einige Bravourstücke, zum Beispiel durch einen waghalsigen Erkundungsritt hinter feindlichen Linien, Ruhm und Bewunderung. 1891 beendete er, wohl wegen einer Intrige, seine militärische Karriere und widmete sich von nun an der Entwicklung lenkbarer Starrluftschiffe – der Zeppeline. Trotz der vielen Rückschläge hielt er unbeirrt an seiner Vision fest und hatte schließlich Erfolg. „Man muss nur wollen und daran glauben, dann wird es gelingen!“ lautete sein Lebensmotto.

Geburt einer Legende

Die von Graf von Zeppelin entwickelten Zeppeline waren nicht die einzigen Luftschiffe. Sie konnten sich zwar gegen die konkurrierenden Konstruktionen durchsetzen, waren aber keinesfalls perfekt. Bei der Jungfernfahrt des ersten Zeppelins LZ 1 am 2. Juli 1900 zeigte sich, dass der Traum von einem wirklich lenkbaren Luftschiff noch nicht in Erfüllung gegangen war: LZ 1 landete mit einem Antriebsschaden im Wasser des Bodensees. 1908 schien mit LZ 4 der Durchbruch endlich gelungen zu sein: Eine 24-Stunden-Tour vom Bodensee in die Schweiz verlief absolut problemlos; sie machte den Grafen weltberühmt. Er war nicht länger der „Narr vom Bodensee“, als den ihn die Bevölkerung und auch der deutsche Kaiser bezeichnet hatten, sondern eine Kultfigur, ein Nationalheld. Aber dann stand er plötzlich vor dem Aus.

Crowdfunding für einen Zeppelin

Auf der zweiten Fahrt im August 1908 muss LZ 4 in der Nähe von Echterdingen in Württemberg wegen eines Motorenausfalls eine Zwischenlandung machen. Am Nachmittag wird das unbemannte Schiff von einem starken Gewittersturm aus der Bodenverankerung gerissen und gegen einen Baum getrieben. Mit einem gewaltigen Knall explodiert LZ 4 vor den Augen tausender entsetzter Zuschauer. Der Friedrichshafener Luftschiffbau Zeppelin GmbH des Grafen drohte damit endgültig die Pleite. Doch dann geschah das „Wunder von Echterdingen“: In einer Welle der Anteilnahme und Hilfsbereitschaft der gesamten Nation kamen über sechs Millionen Mark an Spendengeldern zusammen, die Graf von Zeppelin in die Lage versetzten, mit dem Luftschiffbau weiterzumachen.

Die Gründung der weltweit ersten Luftfahrtgesellschaft

Als Graf von Zeppelin erkannte, dass ohne eine eigene Passagierverkehrsgesellschaft sein Unternehmen nicht überleben würde, veranlasste er im November 1909 die Gründung der ersten Fluggesellschaft der Welt, der Deutschen Luftfahrt-Aktiengesellschaft Delag mit Sitz in Frankfurt/M. Als erster Zeppelin im Dienst der Delag fuhr LZ 6 mit zwanzig Passagieren an Bord vom Bodensee nach Frankfurt/M. und Berlin. Das 144 m lange Luftschiff hatte eine Reichweite von 2000 km; die Höchstgeschwindigkeit betrug 60 km/h. In der Folgezeit konnten immer mehr Zeppeline im Delag-Fahrdienst eingesetzt werden, so dass bis 1913 ein Verkehrsnetz zwischen den großen Städten des Kaiserreichs entstand. An Bord der fast immer ausgebuchten Luftschiffe befanden sich bis zu fünfundzwanzig Fahrgäste, die sich in der holzgetäfelten Passagiergondel an edlen Speisen und Getränken erfreuen durften. Bis zum Kriegsausbruch beförderten die sieben Luftschiffe der Delag-Flotte auf 1.600 Touren 35.000 Personen trotz einiger brenzliger Situationen immer unfallfrei.

LZ 11 Viktoria Luise
beförderte ab 1912 als Passagier- und als Schulschiff über 22.000 Personen. 1915 wurde es abgewrackt. (Bild: Wikimedia Commons)

Auch im höheren Alter war der Tatendrang des Grafen ungebremst. 1912, mit 74, ließ er auf einem von ihm erworbenen Gelände in Potsdam die größte Luftschiffhalle der Welt errichten. Der Graf hatte vor, hier Zeppeline fertigen zu lassen und Potsdam zum Luftfahrtzentrum Europas auszubauen. Die Delag startete vom Potsdamer Luftschiffhafen aus noch zu etwa hundert Passagierfahrten, dann machte der Erste Weltkrieg die Zukunftspläne zunichte. Bis 1916 wurden in der Potsdamer Werft nur noch Kriegsluftschiffe gebaut.

Zeppeline im Weltkrieg – Todesboten am Himmel

Im Ersten Weltkrieg mutierten die Zeppeline zu einer mörderischen Waffe der deutschen Armee. Als Langstreckenbomber warfen sie ihre tödliche Fracht vorwiegend über London, Paris und Brüssel ab. Kriegsentscheidend waren die Zeppeline nicht; immer häufiger wurden sie von kleinen, wendigen Jagdflugzeugen vom Himmel geholt. Von den 96 eingesetzten deutschen Zeppelinen stürzten 72 durch Beschuss, Unwetter, Gasverlust oder Motorschäden ab oder strandeten. Mindestens 380 junge Männer verloren dabei ihr Leben.

Die Wiederaufnahme der zivilen Luftschifffahrt durch die Delag nach dem Ersten Weltkrieg erlebte Ferdinand Graf von Zeppelin nicht mehr. Ferdinand Graf von Zeppelin starb 1917 im Alter von 79 in Berlin an den Folgen einer komplizierten Operation. Bei seinem Staatsbegräbnis schwebten zwei seiner Zeppeline lautlos über dem Pragfriedhof in Stuttgart.

Graf von Zeppelin – ein Unternehmer mit Charisma und Weitblick

Der Graf ist für die Verwirklichung seiner Ziele hohe persönliche finanzielle Risiken eingegangen und sich dabei seiner Verpflichtung als Unternehmer gegenüber seinen Mitarbeitern und der Gesellschaft immer bewusst gewesen. Unternehmerpersönlichkeiten wie Graf von Zeppelin gibt es unter den heutigen Konzernlenkern kaum noch. Wenn zur Zeit über CEOs aus der Großindustrie berichtet wird, fallen selbst in den eher konservativen Medien Begriffe wie Casinomentalität, Kurzsichtigkeit und Profitgier – und das wohl nicht zu Unrecht. Aber es gibt in Deutschland auch noch die echten Entrepreneure – visionär, verantwortungsvoll und unternehmerisch erfolgreich. Meist gehören sie zur Gruppe der sog. Hidden Champions. Von ihnen soll in einem meiner nächsten Blogs die Rede sein.

Doch zuvor möchte ich versuchen, eine andere Frage zu beantworten: Ist ein Neuanfang der touristischen Luftschifffahrt – nach der goldenen Zeit der großen Zeppeline zwischen den beiden Weltkriegen – denkbar?

LESETIPP: Traumreisen mit dem Luftschiff. Aufstieg, Fall und Rückkehr der Zeppeline (Autor: Horst Kleinert), 164 Seiten, 48 Abbildungen (28 davon farbig), Preis: 14,90 (D), ISBN 978-3-945216-20-0 (Thurm-Wissenschaftsverlag).

Der Beitrag erschien zuerst auf www.wirtschafts-thurm.de

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