Klassisch, fern, dual oder berufsbegleitend?

Studienformen 

Vom 19. Oktober 1386 – dem Tag, an dem (quasi zum Start des Wintersemesters 86/87) die ersten Studenten in den klösterlichen Hörsälen der Ruperto Carola Platz nahmen – bis weit ins späte 20. Jahrhundert hinein, verstand man im deutschen Sprachraum unter dem Begriff des „Studiums“ im Wesentlichen das Gleiche: Junge Männer – erst ab dem 19. Jahrhundert auch junge Frauen – besuchen für einige Jahre eine Universität, um in einer wissenschaftlichen Disziplin unterwiesen zu werden und einen akademischen Abschluss zu erlangen. Diese „hauptberufliche“ Form des Studierens, ist nicht nur die bis heute dominante Studienform, sondern auch die intuitive Assoziation der meisten Menschen zum Begriff „Studium“. Dabei existiert mittlerweile eine breite Vielfalt an Studienformen, die in Dauer und Aufbau den beruflichen und biographischen Lebensrealitäten des 20. Jahrhunderts angepasst wurden.

Studienformen - bikablo

Das Wort Universität entstand als Verkürzung des lateinischen Ausdrucks für eine „Gemeinschaft der Lehrenden und Lernenden“. Neben der akademischen Lehre stellt die Forschung den zweiten Grundpfeiler des Universitätswesens dar – mit dem „Ruf“ auf eine Professur ist daher neben einem Lehr- stets auch ein Forschungsauftrag verbunden. Idealerweise verbinden sich Forschung und Lehre in Person von Professorinnen und Professoren, die das gesicherte Wissen ihres Fachgebiets an ihre Studierenden weitergeben, während sie zugleich forschend die Grenzen unseres kollektiven Wissens erweitern.

Grundständiges Studium - bikablo

Im Hinblick auf die Studienangebote wird im universitären Bereich zwischen grundständigen und weiterführenden Angeboten unterschieden. Als grundständig wird ein Studium bezeichnet, das zu einem ersten Abschluss (etwa einem Bachelor oder Diplom) führt, als weiterführend dagegen ein Studium, dessen Aufnahme bereits einen ersten Studienabschluss voraussetzt (etwa ein Masterstudium). Im angloamerikanischen Sprachraum schlägt sich diese Differenzierung im Unterschied zwischen undergraduate studies (Studierende haben noch keinen ersten Abschluss), graduate studies (Studierende verfügen bereits über einen Abschluss) und postgraduate studies (über Abschlüsse hinausgehende Studien etwa mit dem Ziel, einen Doktortitel zu erwerben) nieder.

Die eingangs erwähnte erste deutsche Universität – Ruperto Carola – besteht als Ruprecht-Karls-Universität übrigens bis heute in Heidelberg fort und zählt zum kleinen Kreis der „Eliteuniversitäten“, die im Rahmen der Exzellenzinitiative des Bundes gefördert werden. Gegründet wurde sie vor dem Hintergrund eines theologischen Notstands während der ersten Kirchenspaltung: Da die damals führende theologische Hochschule – die Pariser Sorbonne – sich auf die Seite des in Frankreich residierenden „Gegenpapstes“ geschlagen hatte, wollte man im romtreuen Rheinland fortan eigene Theologen ausbilden.

Forschung - bikablo

Die Fachhochschule (FH) stellt eine Besonderheit der deutschsprachigen Hochschullandschaft dar, die erst seit den 1960er Jahren (Deutschland) bzw. den 1990er Jahren (Österreich und Schweiz) existiert. Ihre Einrichtung wurde von dem Wunsch getragen, eine zugleich akademische wie praxisorientierte Studienmöglichkeit zu schaffen, die möglichst gut auf Karrieren außerhalb des akademischen Bereichs vorbereiten sollte. Das Gros der Studienangebote stammt deshalb aus wirtschaftsnahen Bereichen wie MINT (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft und Technik), Wirtschaftswissenschaften und Gesundheitswesen. Neben der Lehre ist auch die Forschung an FHs stärker anwendungsbezogen, die im universitären Bereich bedeutende Grundlagenforschung spielt dagegen kaum eine Rolle. Mit dem Bologna-Prozess wurden die FH-Abschlüsse Bachelor und Master denen an Universitäten formal gleichgestellt, was sich auch darin ausdrückt, dass sich die meisten Fachhochschulen inzwischen einfach nur noch als „Hochschulen“ bezeichnen. Der wichtigste nach wie vor bestehende Unterschied zwischen beiden Hochschulformen liegt im (noch) fehlenden Promotionsrecht der Fachhochschulen – der Erwerb eines Doktortitels ist hier nur bei Begleitung durch eine Universität möglich.

Der lauter werdende Ruf nach einer noch engeren Ausrichtung von Studieninhalten an den Anforderungen der Wirtschaft, führte in den 1990er Jahren zur Etablierung neuer Studienformen, die akademische Lehre mit dualer Berufsausbildung kombinierten. Ein duales Studium setzt eine enge Abstimmung zwischen beiden Lernorten – Hochschule und Unternehmen – voraus, damit immer wieder Bezüge zwischen Hochschullehre und beruflicher Praxis hergestellt werden können. Ein solches Studium endet in der Regel mit einem akademischen Grad (meist einem Bachelor) und einem Berufsabschluss (meist einem Abschluss der jeweiligen Industrie- und Handelskammer). Die Möglichkeit, zwei berufsqualifizierende Abschlüsse in kurzer Zeit zu erwerben, sowie der Wunsch nach einem schnellen Einstieg in den Beruf und eigenen Einkünften während der Studienzeit, sorgen für eine zunehmende Akzeptanz dualer Angebote. Ihr fachliches Spektrum bleibt dabei jedoch begrenzt, eignen sich doch nur solche Studiengänge für ein duales Studium, die sinnvoll mit einer Berufsausbildung kombiniert werden können. Duale Studienangebote finden sich daher primär im technischen und wirtschaftswissenschaftlichen Bereich.

Duales Studium - bikablo

Der Wunsch vieler Berufstätiger nach dem Erwerb eines akademischen Abschlusses in einer späteren Lebensphase, hat bereits vor der Einführung dualer Studiengänge zur Entstehung von Studienformen geführt, die ein Studium neben Beruf und Familie an Abenden und Wochenenden gestatten. Die gängigste Form ist das Fernstudium, das sich – wie der Name bereits ausdrückt – vor allem dadurch auszeichnet, dass ein Großteil des Studiums außerhalb eines Hochschulcampus absolviert werden kann. Die Auseinandersetzung mit dem Lehrstoff erfolgt dabei primär über Studienbriefe, wobei in jüngerer Zeit auch neue Medien – von Videos über Software bis hin zu Kollaborationsplattformen im Internet – an Bedeutung zugenommen haben. Die bislang einzige Universität in Deutschland, die ausschließlich Fernstudiengänge anbietet, ist die Fernuniversität Hagen mit derzeit 76.000 Studierenden. Neben einer stetig wachsenden Gruppe von Fern-FHs, bieten mittlerweile auch viele „reguläre“ Hochschulen ergänzende Fernstudiengänge an.

Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass es weit mehr als nur „das Studium“ gibt. Vielmehr existiert eine breite Auswahl an Studienformen für verschiedene Bildungs-, Berufs- und Lebensmodelle: Vom klassischen Universitätsstudium über praxisorientierte, teils berufsbegleitende Fachhochschulmodelle bis zu nebenberuflichen Abend-, Fern- und Freizeitstudien. Hinzu kommen weitere, aus Platzgründen übersprungene Hochschulformen wie Kunst- oder Schauspielhochschulen, die ebenfalls akademische Abschlüsse vergeben.

Illustration: Ellen Burgdorf auf Basis von bikablo

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