Von Vorlesungen profitieren (Teil 3) – Das Nachbereiten

„Nach dem Spiel ist vor dem Spiel!“ – Diese legendäre Fußball-Weisheit von Sepp Herberger gilt auch beim Studieren: Nach dem „Abpfiff“ einer Vorlesung beginnt das Nachbereiten. Doch wie macht man’s richtig? Was hat das mit Glück zu tun? Und warum sollte man gerade bei guten Vorlesungen nicht darauf verzichten?

Das Nachbereiten: So gelingt der Einstieg

Schwupps – und schon wieder ist eine Vorlesung vorbei. Eigentlich Grund genug, sich auf die Schulter zu klopfen, oder? Immerhin hat man sich aufgerafft und durchgehalten. Und obendrein alles fleißig notiert. Sollte das nicht fürs Erste ausreichen?

Tatsächlich begnügt sich so mancher damit, nach dem Besuch einer Vorlesung erst einmal alles bis zur Prüfungsvorbereitung ad acta zu legen. Gerade bei interessanten und gut gemachten Vorlesungen ist das verlockend. Denn dann wiegt man sich in der scheinbaren Gewissheit, doch alles verstanden zu haben. Doch das kann sich rächen. Unser Köpfchen macht uns nämlich schnell einen Strich durch die Rechnung.

Das Gehirn ist faszinierend, gerade weil es so anspruchsvoll ist. Das gilt auch für die Aufnahme von Informationen. Die werden nicht schon deshalb gespeichert, nur weil wir sie einmal gehört haben. Ganz im Gegenteil: Ein Großteil des Gehörten ist bereits einen Tag später wieder verflogen, egal ob eine Vorlesung gut oder schlecht war. Die Vergessenskurve sinkt rapide. Sind die eigenen Mitschriften dann noch lückenhaft, ist Stress kurz vor den Prüfungen quasi vorprogrammiert. Das muss nicht sein, wenn man sich das Nachbereiten von Vorlesungen zur Gewohnheit macht. So vorzugehen hat Vorteile, denn es

  • ist im Ergebnis zeitsparend: Man kommt erst gar nicht in die Bredouille, sich Vorlesungsinhalte zu einem späteren Zeitpunkt abermals mühsam neu erarbeiten zu müssen.
  • hilft, am Ball zu bleiben, das Aufgenommene zu verarbeiten und im Gehirn zu speichern.
  • kann glücklich machen. Sich zwischenzeitlich durch konzentriertes Nacharbeiten kleine Erfolgserlebnisse zu verschaffen, setzt nämlich das Glückshormon Dopamin frei.
Zitat Ferstl

Wie kann das Nachbereiten gelingen? Zunächst einmal, indem man den richtigen Einstieg findet.

Wie so oft lauert auch beim Nachbereiten von Vorlesungen hinter jeder Ecke der innere Schweinehund, oft getarnt als Chamäleon. Den gilt es erst einmal zu überwinden. Dazu braucht man nur folgende Punkte zu beachten:

  • Zeitnah nacharbeiten. Auch beim Nacharbeiten von Vorlesungen gilt: Nichts auf die lange Bank schieben, sondern sich zeitnah dranmachen. So sind die behandelten Inhalte noch einigermaßen präsent. Je mehr Zeit verstreicht, desto mehr verblassen die Erinnerungen und es wird schwieriger, die einzelnen Puzzleteile wieder zusammenzusetzen. Als „Faustformel“ gilt: Alles, was man sich nicht innerhalb von 72 Stunden wieder in Erinnerung gerufen hat, ist erst einmal weg und muss mehr oder weniger aufwändig neu erarbeitet werden. In jedem Fall sollte man sich noch vor der nächsten Vorlesung an die Arbeit machen, denn die baut ja auf der vorherigen Veranstaltung auf.
  • Zeitfenster reservieren. Das Nacharbeiten wird einfacher, wenn man sich dafür feste Zeitfenster reserviert. Wie viel Zeit man veranschlagen sollte, lässt sich nicht pauschal festmachen. Zum Einstieg kann es hilfreich sein, etwa die Dauer der Vorlesung selbst zu Grunde zu legen.
  • Grundlagenliteratur bereithalten. Es ist beim Nachbereiten einer Vorlesung gar nicht erforderlich, den Lehrstoff bis in die letzte Verästelung hinein zu durchdringen. Ergänzend zu den bereitgestellten Vorlesungsunterlagen und den eigenen Mitschriften reicht es aus, ein oder zwei Lehrbücher aus der Rubrik „Grundlagenliteratur“ zu Rate zu ziehen, um das eine oder andere noch einmal nachzulesen. (Übrigens: Ein eigener Beitrag zu den verschiedenen Arbeitsmaterialien folgt in Kürze).
  • Gezielt aufbereiten: Das Nachbereiten hat mehrere Ziele: Einerseits geht es darum, die Lehrinhalte zu verinnerlichen. Zum anderen lässt sich ein „schriftliches Gedächtnis“ als Gedankenstütze (z. B. für Prüfungsvorbereitungen) entwickeln. Dabei führen viele Wege nach Rom: Die einen fertigen Karteikarten an, manche verfassen ein wissenschaftliches Journal, andere arbeiten mit Mind-Maps als Gedächtnislandkarten – die Möglichkeiten sind immens und auch ein bisschen von den individuellen Vorlieben abhängig. (Auch dazu gibt es in dieser Blogserie natürlich künftig noch weitere Anregungen).

Es geht ans Eingemachte: Die Pflicht

Alles vorbereitet? Nun gut, dann kann es ja losgehen. Worauf sollte man speziell beim Nacharbeiten achten? Es geht ja um zweierlei: Zum einen wirft man einen Blick zurück und reflektiert die vergangenen Lehrinhalte. Zum anderen geht es – ganz im Sinne des einleitenden Zitats von Sepp Herberger – um einen Blick nach vorn. Schließich steht ja schon die nächste Vorlesung vor der Tür. Beim Nachbereiten kann man sich an folgenden Fragen als einer Art Checkliste orientieren:

  • Inhalte. Was war neu (z. B. wichtige Begriffe, Regelungsinhalte)? Einzelne Punkte kann man auch in den angefertigten Mitschriften unterstreichen, farblich hervorheben und durch eigene Überlegungen ergänzen.
  • Rechtsgrundlagen. Welches sind die einschlägigen rechtlichen Grundlagen? Die gilt es nachzulesen!
  • Fallbearbeitung. Wie sind die Inhalte in einer Fallbearbeitung zu berücksichtigen? Ist der Lösungsweg einer Fallbearbeitung nachvollziehbar? (Natürlich nur, wenn die Rechtsanwendung relevant ist).
  • Wissenslücken. Welche Lehrinhalte hätten schon bekannt sein sollen, wurden aber nicht gewusst? Für solche Lücken darf man durchaus dankbar sein. Hier bietet sich die Möglichkeit, gezielt zu lernen.
  • Fragen. Was ist noch unklar? Alle offenen Punkte gilt es festzuhalten. Die lassen sich gegebenenfalls in der nächsten Vorlesung klären.

Mit Hilfe dieser „Checkliste“ kann man die eigenen Mitschriften leicht ergänzen oder neue Unterlagen zur späteren Prüfungsvorbereitung anlegen.

Noch einen Schritt weiter: Die Kür

Wie schon erwähnt, erschöpft sich das Nachbereiten nicht darin, den vergangenen Lehrstoff aufzubereiten. Es geht auch um das (prüfungsorientierte) Lernen selbst. Dazu kann man sich ganz einfach folgende Situation vorstellen: Wie wäre es, wenn man zu den zuletzt behandelten Inhalten einen (mündlichen oder schriftlichen) Test ablegen müsste? Würde man den bestehen? Sich diese Fragen zu stellen, ist eine sehr wirksame „Messlatte“ zur Selbstüberprüfung. Dazu kann man selbstverständlich eigene „Tests“ entwickeln und sich Fragen notieren. Mit etwas Abstand versucht man, diese selbstständig zu beantworten. Gelingt das, ohne in den Unterlagen nachschlagen zu müssen. Ja? Na bestens!

Tipps für die eigene Lernstrategie

Es lohnt sich, das Nachbereiten von Vorlesungen und die damit verbundenen Vorteile ernst zu nehmen. Wer hier den Einstieg findet und gezielt vorgeht, stellt auf eine sehr einfache Weise wichtige Weichen für den Studienerfolg. Wie so oft kommt es bei alledem vor allem auf die Regelmäßigkeit an. Gerade am Anfang eines Studiums sollte man sich ruhig ein bisschen selbst dazu zwingen, am Ball zu bleiben. Nachdem man sich daran gewöhnt hat, wird alles mehr und mehr zum Selbstläufer. Übrigens: Den eigenen Kenntnisstand kann man auch gut im Rahmen einer Lerngruppe überprüfen.

Das Nachbereiten der letzten Vorlesung führt zugleich wieder in die Vorbereitung der nächsten Vorlesung. Dazu gehört es ja auch, die Kerninhalte der letzten Veranstaltung noch einmal zu rekapitulieren. Wie eingangs gesagt: „Nach dem Spiel ist vor dem Spiel!“.

Erfolgsmomente

  • Die Selbstdisziplin schafft Selbstvertrauen
  • Das Nachbereiten wird immer selbstverständlicher
  • Der Wissensstand wächst kontinuierlich
  • Das juristische Denken entwickelt sich weiter

Das Wichtigste auf einen Blick

Auf einen Blick: Nachbereiten

Und wie sind die eigenen Erfahrungen mit dem Nachbereiten von Vorlesungen? Du kennst andere, denen die Anregungen nützen können? Dann teile den Beitrag mit Freunden.

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