Die Umsetzung von Third Mission im (Bundes-)Land Sachsen-Anhalt

Die Missionen unserer Hochschulen wurden bereits bereits im letzten Artikel thematisiert, weswegen heute die konkrete Umsetzung der dritten Mission am Beispiel des Bundeslands Sachsen-Anhalt betrachtet wird.

Fakten Überblick

Das Bundesland Sachsen-Anhalt liegt im Osten der Bundesrepublik Deutschland (siehe Abbildung 1). Die Hauptstadt und größte Stadt des Bundeslandes ist Magdeburg, gefolgt von dem Industriezentrum Halle (Saale). Laut des statistischen Landesamts Sachsen-Anhalt leben zirka 2,2 Millionen Menschen in diesen 20.451,58 km2  Bundesland (Stand 12/2018 ). Zum Vergleich hat Hamburg zirka 1,8 Millionen Einwohner auf 755,22 km2. Während also Hamburg eine Bevölkerungsdichte von 2430 Einwohner pro km2 aufweist, hat Sachsen-Anhalt 108 Einwohner pro km2.

In Sachsen-Anhalt gibt es derzeit zehn Hochschulen und Universitäten. Zwei dieser zehn Bildungseinrichtungen sind Universitäten, drei sind Kunst-, Musik- oder kirchliche Hochschulen und den Großteil machen die Fachhochschulen aus (siehe Abbildung 2).

Abb.1: Bundesrepublik Deutschland
Abb.2: Überblick über alle Fachhochschulen und Universitäten im Bundesland Sachsen-Anhalt

Kurze Wiederholung: Was war die Third Mission nochmal?

Third-Mission-Aktivitäten zeichnen sich dadurch aus, dass sie im Zusammenhang mit den Kernkompetenzen Forschung und Lehre oder den strategischen Zielen der Hochschule stehen, Gebrauch von den Ressourcen der Hochschule machen und die nicht akademische Umwelt aktiv mitgestalten.
Mehr Infos dazu findet ihr auch hier: https://www.transinno-lsa.de/fileadmin/user_upload/dokumente/Geltende_Definition_TM__Harz_Merseburg_Magdeburg-Stendal_.pdf)

Beispiel

Das Professional Center einer Hochschule mit den Fachbereichen Automatisierung und Informatik, Wirtschaftswissenschaften und Verwaltungswissenschaften, bietet die Weiterbildung „Cost Controlling Academy“ für angestellte regionaler Unternehmen an. (vgl. TransInno_LSA, 2019).

Projekte TransInno_LSA

Im Bundesland Sachsen-Anhalt wurde das Projekt TransInno_LSA ins Leben gerufen, eines der 29 ausgewählten Projekte im Rahmen der BMBF Förderinitiative „Innovative Hochschule“ (Hyperlink https://www.innovative-hochschule.de/de/startseite).  Dieses Projekt ist ein Verbund bestehend aus den Hochschulen Merseburg, Magdeburg-Stendal und Harz. Innerhalb der nächsten fünf Jahre sind 14 Teilprojekte angesetzt, welche sich Herausforderungen wie dem demographischen Wandeln, den gewachsenen Ansprüchen an die Wirtschaft im Zeitalter der Digitalisierung, den Bedürfnissen von Existenzgründern sowie der Neustrukturierung interner Prozesse stellt (vgl. https://www.transinno-lsa.de). Ziel dieses Projektes ist es, dass nachhaltige Strukturen geschaffen werden, die sowohl für das Bundesland Sachsen-Anhalt gelten, als auch die Landesgrenze überschreiten und für einen gelebten Austauschen zwischen Hochschulen, der Gesellschaft und der Wirtschaft sorgen und damit diese Gruppen voneinander profitieren.

Alle Teilprojekte sind einzelnen Handlungsfeldern und Schwerpunkten zugeordnet:

  • Das Handlungsfeld Transfer Organisation
  • Das Handlungsfeld Transfer Kommunikation
  • Das Handlungsfeld Transfer Evaluation

Das Handlungsfeld Transfer Organisation

Dieses Handlungsfeld verfolgt das Ziel, hochschulinterne Transferstrukturen und –prozesse zu optimieren und weiterzuentwickeln. Die zentrale Frage dieses Handlungsfeldes lautet: Wie können hochschulinterne Strukturen optimiert werden?

Überwiegend geht es hier darum, dass die Geschwindigkeit und die Qualität der internen Abläufe erhöht werden und darüberhinaus auch eine Optimierung an der Schnittstelle von internen und externen Akteuren angegangen wird. Hierfür werden sowohl technische, als auch organisatorische Maßnahmen getroffen. Ein bedeutsamer Ansatz hierzu stellt das „One Face to the Customer“ Prinzip dar. Umgesetzt könnte dies sein, dass man für externe Anfragen einen zentralen Ansprechpartner einsetzt, der als erste Instanz für diese Anfragen gilt und die Kommunikation zwischen dem externen und internen koordiniert.

Handlungsfeld Transfer Kommunikation  

Das Hauptaugenmerk dieses Handlungsfeldes liegt darauf, eine Antwort auf die Frage zu finden: „Wie gelingt eine effektive Ansprache verschiedener Interessengruppen?“.  Die Akteure befassen sich damit, nachfrage- und bedarfsorientierte Angebote zu publizieren und Kooperationen des Verbunds zusammenzuführen. Hierfür unentbehrlich ist es, die unterschiedlichen Interessengruppen zu ermitteln, ihre Ansprache individuell abgestimmt zu optimieren und Angebote zielgruppenspezifisch zu gestalten.

Handlungsfeld Transfer Evaluation

Dieses Handlungsfeld befasst sich mit der Frage, wie Transfer- und Third-Mission-Aktivitäten von Hochschulen vergleich- und bewertbar gemacht werden können.  Da jede Hochschule bislang Third Mission anders definiert und handhabt, ist hierbei die große Herausforderung, individuelle Bewertungs-„Werkzeuge“ zu finden und zusammenzutragen, die sich auch der Ausrichtung der jeweiligen Hochschule anpassen.  Darüber hinaus befasst sich dieses Handlungsfeld damit, auch die bereits bestehenden Angebote, sowie die Entwicklung zukünftiger Angebote des Gründergeschehens der beteiligten Hochschulen zu analysieren.

Was spricht nun für- und was gegen Third Mission?

Aus Sicht einer Studentin, wie ich es bin, scheint Third Mission vor allem positive Aspekte mitzubringen: Die Hochschule kann Ihre Reputation steigern, es wird die Region unterstützt, der Gesellschaft wird also etwas zurückgegeben und die Vorlesungen werden noch deutlich Praxisbezogener und anwendungsorientierter. Da meiner Ansicht nach auf den ersten Blick die positiven Seiten nur überwiegen, habe ich Rebecca Spaunhorst zum Gespräch gebeten. Sie ist wissenschaftliche Mitarbeiterin des Projektes TransInno_LSA im Teilprojekt Transfer-Bewertungs-Toolbox, an der Hochschule Harz und somit aus meiner Sicht ein Profi, wenn es um das Thema Third-Mission geht.

Für Third Mission spricht auf den ersten Blick definitiv der Praxisbezug, von dem die Studierenden und Lehrenden profitieren können. Darüber hinaus engagiert sich die Hochschule aktiv in der Gesellschaft und erweitert die Auslegung ihres Bildungsauftrags. Es wird also nicht nur an die Studenten gedacht, sondern der Blick wird über den Tellerrand hinaus gerichtet, und die Gesellschaft Teil der Hochschule. Dies kann durch geöffnete Lehrveranstaltungen, wie die Kinder- und Generationenhochschulen, oder auch durch das Angebot einer Vernissage erfolgen.

Im ersten Moment könnte an dieser Stelle angenommen werden, dass hierdurch auch für die Lehrenden, also die Lehrenden, weniger Arbeitspensum entsteht, da weniger Lehre vor- und nachbereitet werden muss. Tatsächlich ist das Gegenteil der Fall. Viele Lehrende beschreiben den immensen Anstieg ihres persönlichen Arbeitspensums im Vergleich zu einer regulären Lehrveranstaltung.  Dieser Mehraufwand kann sowohl bürokratischer, als auch inhaltlicher Natur sein. In der Regel wird auch nicht davon ausgegangen, dass die Studierenden das Projekt komplett alleine betreuen, sondern der Dozent weiterhin steter Ansprechpartner ist und überprüft, ob sich die Ausarbeitung des Projektes in die richtige Richtung entwickelt. Denn eines ist bei Third-Mission-Aktivitäten in der Lehre nicht zu vergessen: Der Lerneffekt der Studierenden steht immer im Vordergrund. Deswegen gibt es immer ein Netz und doppelten Boden.

Des Weiteren ist Third Mission auch ein sehr gutes Marketinginstrument. Die Hochschule kann sich durch diese Projekte einen guten Ruf in der Region aufbauen, langfristige Kooperationspartner gewinnen und neue Studierende akquirieren. Auch den Dozenten und Dozentinnen kommt dieser Zuwachs an Reputation zu Gute, wenn sie gemeinsam mit den Studierenden gute Arbeit ablieferte. Eine wichtige Voraussetzung ist hierfür, dass auch motivierte Studierende an diesem Projekt arbeiten. Daher ist es sowohl für den Erfolg des Projektes, als auch das Ansehen der Hochschule und der Lehrenden wichtig, dass die Studierenden an diesem Projekt interessiert sind und auch einen Bezug zu dem Thema finden. Schließlich sollen Third-Mission-Aktivitäten keine „Beschäftigungstherapie“ darstellen, sondern für alle Parteien einen Mehrwert bieten. Denn auch die Studierende können davon profitieren. Erste Erfahrungen im Projekt dienen den Studierenden als Bescheinigungen, die den Lebenslauf aufwertet. Durch Forschungsprojekte in der Region können sich außerdem Praktika, Abschlussarbeiten oder Nebenverdienstmöglichkeiten ergeben.

Damit das Projekt einen Mehrwert für alle Akteure darstellt, müssen Grundvoraussetzungen erfüllt sein.

Hierzu gehört unter anderem, dass der Antrieb des Projektes klar ist. Das Projekt sollte möglichst ergebnissoffen sein und es sollte wissenschaftliches Arbeiten ermöglichen . Unpassend wäre hier, wenn von dem Auftraggeber oder dem Lehrenden bereits ein Ergebnis mitgegeben wird, das schlimmstenfalls nur dazu dient, dass A) die Auftraggeber Kontakt zu Nachwuchskräften erhalten und B) die Lehrenden ihre Reputation verbessern können.  Dies sind natürlich Kirsche und Schokostreusel auf dem Sahnehäubchen, jedoch ein Eingriff in die Grundprinzipien einer wissenschaftlichen Ausbildung.

Darüberhinaus muss dafür Sorge getragen werden, dass der Fokus auf Lehre und Forschung nicht verloren geht. Die Studierenden benötigen ein gewisses Fundament an Wissen, auf dem sie in diesen Projekten aufbauen können, um im kalten Wasser nicht unterzugehen.  Oft ist es daher so, dass Third-Mission-Projekte in höheren Semestern angesetzt werden oder in Modulen, die bereits mit einer doppelten Lehrveranstaltung angesetzt sind.

Ein weiterer wichtiger Aspekt ist hierbei die Einsetzung der Ressourcen Zeit und Geld. Eine Bewertung dessen liegt immer in Augen des Betrachters. Fakt ist jedoch, dass Third-Mission-Aktivitäten die Hochschule Zeit und damit Geld kosten, die für andere Aktivitäten ebenfalls genutzt werden könnte. Insbesondere Zeit ist bei den Lehrenden oft Mangelware, weswegen diese Aktivitäten besondere Anerkennung verdienen. Auch für die Studierenden ist ein Projekt mit mehr Aufwand verbunden als eine klassische Lehrveranstaltung. Die Lehrenden wissen und honorieren dies durch eigenen Einsatz und die Unterstützung ihrer Schützlinge.

Die Anwendungsorientierung spielt in dieser Diskussion ebenfalls eine wichtige Rolle. Durch Third Mission wird Studierenden die Möglichkeit gegeben ihr erlerntes Wissen anzuwenden, zu erweitern und langfristig zu festigen. Es gibt sicherlich Studierende, die sich auch noch drei Jahre nach Ihrem Abschluss an den Großteil Ihrer Vorlesungen und all das aneignete Wissen erinnern. Doch seien wir mal ehrlich, dass ist wahrscheinlich der geringste Anteil. Wenn wir jedoch mehr mit der Praxis lernen, selbst ausprobieren dürfen und die Verantwortung bekommen, dann lernen wir nicht nur für heute, für die nächste anstehende Prüfung, sondern auch fürs Leben.  Viele der Lehrenden wissen das aus eigener Erfahrung und wollen ihren Studierenden die Möglichkeit geben, von diesen Erfahrungen zu profitieren. Das Ziel des lebenslangen Lernens wird demnächst auch thematisiert und fällt unter die Rubrik „Service Learning“.

Fazit über Third Mission im (Bundes-)Land Sachsen-Anhalt

Die Ausarbeitung dieses Themas zeigt auf, dass Third Mission ein sehr komplexes Feld ist, welches viele Fragen aufwirft und auch zukünftig viele Projekte hervorbringen wird. Besonders interessant finde ich hierbei, dass Third Mission so unterschiedlich definiert und genutzt wird. In dem Projekt TrannsInno_LSA sehe ich viel Potential und bin sehr gespannt, was sich hieraus noch entwickeln wird und was auch an der Hochschule, an der ich studiere, noch passieren wird. Auch die Diskussion über Vor- und Nachteile zeigte für mich vor allem, dass die Vorteile von Third Mission und die Chance für die Zukunft alle Akteure deutlich überwiegen. Gleichzeitig müsste es aber meiner Meinung nach noch ein separates Organ an den Hochschulen geben, welche diese Aktivitäten prüft, Feedback in anonym hereinholt und auch konkret belegt, welchen Mehrwert das Projekt nun den Partnern, Lehrenden und insbesondere den Studierenden geliefert hat, damit die anderen beiden Missionen nicht zu kurz treten.

Spannende Literatur rund um das Thema Third Mission

Back, H.-J., & Fürst, D. (2011). Der Beitrag von Hochschulen zur Entwicklung einer Region als “Wissensregion”. Abgerufen am 03. 12 2019 von Leibniz-Informationszentrum Wirtschaft : http://hdl.handle.net/10419/60978

Kloke, K., & Krücken, G. (04 2014). Grenzstellenmanager zwischen Wissenschaft und Wirtschaft? Eine Studie zu Mitarbeiterin­ nen und Mitarbeitern in Einrichtungen des Technologietransfers und der wissenschaft­ lichen Weiterbildung . Beiträge zur Hochschulforschung .

Onyx, J. (2008 ). University-Community Engagement: What does it mean? . International Journal of urban and regional research.

Pasternack, P. (2006). Qualität als Hochschulpolitik. Lemmens Verlags- & Mediengesellschaft mbH.

Pasternack, P. & Winter, M.(Hg.) (2002). Szenarien der Hochschulentwicklung, HoF Wittenberg, Wittenberg.

Abbildungsverzeichnis

Abb.1: Bundesrepublik Deutschland. Abgerufen von: https://pixabay.com/de/vectors/deutschland-karte-politischen-29222/ am 12.12.2019

Abb.2: Überblick aller Fachhochschulen und Universitäten in Sachsen-Anhalt. Eigene Darstellung.

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