Im Luftverkehr sind Innovationen, wie in anderen Branchen auch, ein wichtiger Bestandteil für Wachstum und Profitabilität der Unternehmen. Die Luftfahrt ist seit Anbeginn ein Versuchsfeld für neue Ideen und Erfindungen: Von der Propellermaschine über den Düsenjet bis hin zum Überschallflug – immer hat sich die Luftfahrt weiterentwickelt und durch neue Techniken und Verfahren den Komfort für die Passagiere u.ä. verbessert.
Awards und Wettbewerbe im In- und Ausland
Auszeichnungen für besondere Innovationen gibt es mehrere im In- und Ausland. So gibt es bspw. den „World Airline Awards“ von Skytrax, die „Aviation Industry Awards“, die „Aviation Weeks Laureate Awards“ und den „Innovationspreis der Deutschen Luftfahrt (IDL)“. Letztere wird im Jahr 2018 zum dritten Mal in vier Preiskategorien vergeben wird. Die Kategorien sind „Customer Journey“, „Emissionsreduktion“, „Industrie 4.0“ und „Cross Innovation“. Die Preisverleihung des IDL 2018 wird im Rahmen der ILA Berlin stattfinden und als Preisgeld wird insgesamt 20.000 € vergeben. Zudem erhalten die Gewinner Möglichkeiten ihre Innovationen und Unternehmen auf branchenrelevanten Messen vorzustellen.
Ein internationaler Innovationspreis für herausragende Produkte und Konzepte in der Kabinenausstattung ist der „Crystal Cabin Award“, der seit 2007 jährlich in Hamburg im Rahmen der dort stattfindenden Aircraft Interiors Expo verliehen wird. Dieser wird im Folgenden genauer vorgestellt.
Hintergrundinformationen zum Crystal Cabin Award
Der Wettbewerb wurde vom Luftfahrtcluster „Hamburg Aviation“ ins Leben gerufen und wird vom Crystal Cabin Award e.V. organisiert. Die ca. 160 Akteure von Hamburg Aviation kommen aus Wirtschaft, Wissenschaft und Politik und starten Initiativen und Projekte, wie z.B. in der Forschung und langfristigen Fachkräftesicherung.
Unter dem Motto „Let your ideas take off“ prämiert eine Jury aus renommierten Wissenschaftlern, Ingenieuren, Vertretern von Flugzeugherstellern und Fluggesellschaften sowie Fachjournalisten innovative Konzepte und Produkte in der Flugzeugkabine. Die eingesendeten Beiträge werden anhand des Innovationsgrades, des potentiellen Markterfolgs und der Gebrauchstauglichkeit bewertet. Bewerben können sich Unternehmen, Universitäten und auch Einzelpersonen in acht Kategorien:
- Kabinenkonzepte,
- Kabinensysteme,
- Elektronische Systeme,
- Grünere Kabine, Gesundheit, Sicherheit und Umwelt,
- Materialien & Komponenten,
- Passagierkomfort-Hardware,
- Universität und
- Visionäre Konzepte.
Wer von der Jury aus der Shortlist unter die drei Finalisten pro Kategorie gewählt wird (Veröffentlichung Anfang März eines Jahres), bekommt die Gelegenheit, sein Konzept im Rahmen der Aircraft Interiors Expo in Hamburg persönlich vor den Experten vorzustellen. Die Sieger der Crystal Cabin Awards werden bei einem Galadinner gekürt.
Crystal Cabin Award 2018: Die aktuellen Trends im Flugzeug
Für den Award 2018 schafften es 91 innovative Konzepte aus 18 Ländern auf die sog. Shortlist. Die Brandbreite der eingereichten Innovationen reicht vom Leichtbau-Einzelteil bis zum VIP-Langstreckenflugzeug mit eigenem Bordkino, vom praktischen Economy-Class-Modul bis zur First-Class-Suite.
Die vier Kategorien Kabinensysteme, Passagierkomfort-Hardware, Universitäten und Visionäre Konzepte sollen kurz vorgestellt werden
Innovationen im Bereich Kabinensysteme
Der Alltag auf Kurzstreckenflügen ist i.d.R. nicht gerade komfortabel – und das nicht nur für die Passagiere. Die Fluggesellschaften haben wenig Zeit am Boden, um ihre Flugzeuge für den nächsten Flug vorzubereiten. Das PASSME-Konsortium mit Sitz in Portugal bietet Abhilfe. Der PASSME Innovative Aircraft Seat ermöglicht es, die Sitze einer Economy-Reihe beim Einsteigen zusammenzuschieben und so mehr Platz im Gang zu schaffen. Das Ergebnis: weniger Staus und schnelleres Einsteigen. Der Finalist Rockewell Collins geht mit seinem „Silhouette MOVE“ auf eine andere Art der Trennung ein. Die flexible Trennwand zwischen Business und Economy Class ist derart geschwungen, dass die dahinter sitzenden Economy-Passagiere ihre Beine noch strecken oder schweres Handgepäck verstauen können. Zodiac Aerospace hat seine Aufmerksamkeit auf ein besonderes Passagierbedürfnis gelenkt und herausgekommen ist das „Durinal“, eine Flugzeug-Urinal-Kabine. Diese Innovation kommt auch den weiblichen Passagieren zugute, zumindest indirekt: Wenn die Männer über eine eigene Urinalkabine verfügen, wird die Warteschlange für den Rest der Kabine verkürzt.
Fotos: Crystal Cabin Award
Innovationen im Bereich Passagierkomfort-Hardware
In dieser Kategorie geht es um Einzelkomponenten zur Steigerung des Passairekomforts. Der Fokus reicht bis in die hinteren Reihen der Flugzeugkabine: Das kalifornische Unternehmen LIFT by EnCore hat in Zusammenarbeit mit Boeing einen komfortablen Ansatz für Langstrecken-Sitzplätze auch in der Economyklasse für die 787 entwickelt. Auch Rockwell Collins und Zodiac Aerospace sind in dieser Kategorie vertreten. Erstes Unternehmen entwickelte das „Walküre-Bett“, eine Art Rollmatratze für die Business Class, die aus der Seitenwand über den Sitz gezogen werden kann, um einen bequemeren Schlaf zu ermöglichen. Die „Eco Zlounge“ von Zodiac ermöglicht es den Passagieren der Economy Class, einen leeren Sitzplatz vor sich zu nutzen, um ihre Beine auf die Sitzfläche vorne zu strecken.
Innovationen von Universitäten
Beim Crystal Cabin Award geht es aber nicht nur um die großen Namen der Luftfahrtindustrie, sondern auch darum, der nächsten Generation die Möglichkeit zu geben, sich mit kreativen Ideen zu positionieren. Universitäten aus aller Welt sind auch in diesem Jahr wieder vertreten. Die britische Cranfield University schaffte es ins Finale mit „E-tom Smart”, einem Wasserhahn, der Wasser zerstäubt, um bis zu 90% Wasser an Bord einzusparen, ohne den Reinigungseffekt für die Hände der Passagiere zu beeinträchtigen. Auch die University of Edinburgh schaffte es mit ihrer „Li-Fi“-Technologie in die Endrunde. Hierbei wird sichtbares Licht zur Übertragung von Daten ähnlich wie bei WiFi verwendet wird. Auch die amerikanische University of Cincinnati, der dritte Finalist, weist den Weg in die digitale Zukunft. Gemeinsam mit Boeing haben die Studenten eine Hologramm-Oberfläche entwickelt, die die Flugzeugkabine in einen virtuellen erweiterten Raum verwandelt.
Visionäre Konzepte
Diese Kategorie blickt noch weiter in die Zukunft. Dazu gehört in diesem Jahr das Konzept „Day and Night“ von Airbus, das Premium-Kabinen in eine Wohn-/Arbeitszone und eine separate Schlafzone unterteilt. Finalist Renacen aus Spanien bietet einen virtuellen Blick auf die Kabine. Die an Google Street View erinnernde 3D Seat Map VR ermöglicht es den Passagieren, die Kabine von zu Hause aus zu durchqueren, um ihren bevorzugten Sitzplatz für ihren nächsten Flug zu wählen. Der Finalist Rockwell Collins ist mit seinem Konzept „Universal Passenger Seat Interface“ deutlich weiter gegangen: Ein elektronisches Sitzsystem, das vom Flugzeug bis zum PKW überall einsetzbar ist und völlig neue Synergien in der gesamten Verkehrswirtschaft schafft.
Dies ist ein überarbeiteter Auszug vom „Handbuch Tourismus und Verkehr“, 2. Auflage, Konstanz/München 2017.
Dieser Beitrag erschien zuerst auf www.wirtschafts-thurm.de