Zusatzeinnahmen (Ancillary Revenues) von Fluggesellschaften

Im Zusammenhang mit der Entstehung des Geschäftsmodells der Low Cost Carrier bzw. Low Cost Airlines haben die sog. Zusatzeinnahmen in den letzten Jahren stark an Bedeutung gewonnen. Zu Beginn hat sich die Erschließung neuer Einnahmequellen v.a. im Low Cost-Markt durchgesetzt. Hier gilt oft das Prinzip, dass der Ticketpreis nur die reine Beförderungsleistung enthält und weitere Leistungen zugekauft werden müssen. Neben dem Begriff Zusatzeinnahmen werden auch die Begriffe „Ancillary Revenues“, „Unbundling“ oder „à la Carte Pricing“ genutzt.

Seit 2008 wird seitens der Consultingfirma „Idea Works“ eine Studie zu den Ancillary Revenues veröffentlicht. Ausgewählte Daten und Fakten werden hieraus im Folgenden dargestellt. Zuvor werden die verschiedenen Möglichkeiten von Zusatzeinnahmen kurz skizziert.

Varianten an Zusatzleistungen

Zu den klassischen Zusatzeinnahmen können (nach Schröder und Freyer 2011) der Bordverkauf gezählt werden. Fluggesellschaften haben neben Speisen und Getränken auch sog. „Amenity Kits“ (z.B. Kissen, Decken, Lichtschutz), Zeitungen/Zeitschriften, Uhren, Parfüm und andere Duty-Free-Produkte im Angebot.

kostenpflichtige Decke und Amenity Kit von Jetstar, Foto: Micha Lück

Weitere Möglichkeiten für Ancillary Revenues sind bspw. folgende:

Zusätzliche Einnahmen können auch durch Gebühren und Konditionen, z.B. für Gepäck, Buchungs-, Verwaltungs- oder Kreditkartengebühren, generiert werden. Die Fluggesellschaften waren in den letzten Jahren kreativ bei der Entwicklung von neuen Leistungen. Entsprechend den Bedürfnissen können diese am Flughafen oder während des Fluges in Anspruch genommen. Beispiele hierfür sind Sitzplatzreservierungen, Sitzplatz-Upgrades (z.B. Platz am Notausgang oder freier Nebenplatz), Priorität beim Check-In/Boarding, Zutritt zu Lounges oder zusätzliche Meilen/Punkte für Vielfliegerprogramme. Die Vermittlung von Leistungen für Dritte war zu Beginn des Aufkommens der Zusatzeinnahmen eine der erfolgreichsten Erlösquellen. Deren Bedeutung ist jedoch ein wenig zurückgegangen. Die auch als „Big Three“ bezeichneten Leistungen in Verbindung mit der Reise sind die Vermittlung von Mietwagen, Übernachtung und Versicherung.

Sitzplatz direkt am Notausgang mit viel Beinfreiheit, Foto: Micha Lück

Auch durch die Kooperation mit E-Commerce-Anbietern kann zu Zusatzeinnahmen führen. Diese als „Private Event Retailing“, „Spot sale“ oder „Blitzverkäufe“ bezeichneten Angebote haben auch Airline-Passagiere als Zielgruppe im Fokus. Grundprinzip ist, dass zumeist hochwertige Waren für kurze Zeit mit Preisreduzierungen an einen exklusiven Kundenkreis (z.B. Mitglieder eines Vielfliegerprogramms) verkauft werden. Die Airlines liefern die Kundenkontakte und die Kunden erhalten eine exklusive Einladung. Einnahmen werden durch entsprechende Provisionen und den Verkauf von Punkten/Meilen an den Partner erzielt.

Im Jahr 2017 haben die klassische Fluggesellschaften (außerhalb der USA) ihre zusätzlichen Einnahmen insbesondere durch Gepäckgebühren (27%), Serviceleistungen an Bord (wie Essen, Sitzplatzwahl, Duty Free-Produkte; 21%) und sonstige „à la Carte“-Leistungen (25%) generiert. Die Vermittlung von Leistungen für Dritte, wie Hotels, Mietwagenunternehmen und Versicherungen (15%) sowie der Verkauf von Meilen, Punkten o.ä. für Vielfliegerprogramme (12%) haben eine etwas geringere Bedeutung.

Zusätzliche Einnahmen im Zeitverlauf

Zusätzliche Einnahmen gab es vor ca. zwölf Jahren so gut wie noch nicht. Allein von 2006 auf 2008 sind sie weltweit jedoch bereits um 346% gestiegen und zwar von 1,72 Mrd. Euro auf 7,68 Mrd. Euro (Daten für 23 gelistete Airlines). In den nächsten zwei Jahren haben sich die Zusatzeinnahmen noch einmal mehr als verdoppelt: 2010 waren es weltweit ca. 18 Mrd. Euro Umsatz mit Ancillary Revenues. 2012 sind die weltweiten Zusatzeinnahmen auf ca. 20,4 Mrd. Euro angestiegen. Der weitere Anstieg kann sich wiefolgt dargesellt werden, wobei im Jahr 2017 184 Airlines in die Untersuchung einbezogen wurden: 2014 ca. 45,8 Mrd. €, 2015 ca. 53,2 Mrd. €, 2016 ca. 54,7 Mrd. € und 2017 ca. 66,7 Mrd. Euro.

TOP5 Airlines mit den meisten zusätzlichen Einnahmen

Waren es zunächst die Low Cost Carrier (auch Billigfluggesellschaften genannt), die die zusätzlichen Einnahmequellen für sich entdeckt haben, sind es vermehrt traditionelle Airlines, die Zusatzeinnahmen generieren. Im Jahr 2016 waren die höchsten zusätzlichen Einnahmen bei drei klassischen Airlines zu verzeichnen. United Airlines nimmt mehr als 6 Mrd. Euro mit den Zusatzeinnahmen ein, gefolgt von Delta Airlines mit mehr als 5 Mrd. Euro und American Airlines mit 4,9 Mrd. Euro.

Top 5 Airlines: zusätzliche Einnahmen (Mio. €)
2006200820132016
United 416American 1.650United Continental 5.703United 6.220
Ryanair 362United 1.200Delta 2.528Delta 5.172
easyJet 189Delta 1.125American 2.079American 4.901
Alaska 135Ryanair 625Ryanair 1.689Southwest 2.832
Aer Lingus 63Qantas 458Southwest 1.655Air France/KLM 2.100

Im Jahr 2016 hatten die zwei weltbekannten Low Cost Carrier Southwest Airlines und Ryanair absolute gesehen die höchsten zusätzlichen Einnahmen: Während erstere Fluggesellschaft ca. 2,29 Mrd. Euro zu verzeichnen hatte, waren es bei Ryanair ca. 1,61 Mrd. Euro Ancillary Revenues. Eine Betrachtung des Anteils am Gesamtumsatz offenbart jedoch, dass Spirit mit 46,4% die Nummer 1 ist. Frontier mit 42,0%, Allegiant mit 40,0% und WizzAir mit 39,4% Anteil an Zusatzeinnahmen am Gesamtumsatzes. Ryanair liegt mit einem Anteil von 26,8% „erst“ auf den fünften Platz.

B737 von Ryanair in Göteburg, Foto: Micha Lück

Top 5 Airlines mit den meisten zusätzlichen Einnahmen pro Passagier

Neben den Gesamteinnahmen der Flugesellschaften und dem Anteil der Zusatzeinnahmen am Gesamtumsatz sind auch die zusätzlichen Einnahmen pro Passagier. Hier zeigt sich, dass es Airlines gibt, die mehr als 40 € zusätzliche Einnahmen generieren können. Hieraus wird u.a. ersichtlich, dass die vermeintlichen “Taxi-Preise”, mit den immer wieder geworben wird, für viele Passagiere letztlich nicht gegeben sind.

Top 5 Airlines: zusätzliche Einnahmen (€ pro Passagier)
2008200920132016
Allegiant 9,95Allegiant 20,00Jet2.com 41,05Spirit 40,50
Vueling 9,55United 17,14Spirit 37,81Allegiant 39,72
Ryanair 8,52Aer Lingus 14,9Qantas 33,71Frontier 39,45
Aer Lingus 7,35American 14,75Allegiant 33,11United 35,28
LTU 7,17Jet2.com 14,28AirAsiaX 32,79Jet2.com 34,47
MD-83 von Spirit am La Guardia Airport in New York, Foto: Micha Lück

Quelle: Schröder, A./Freyer, W. (2011): Bedeutung von Zusatzeinnahmen bei Airlines – eine geschäftsmodellbasierte Betrachtung, in: Boksberger, P/Schuckert, M. (Hg.): Innovationen in Tourismus und Freizeit – Hypes, Trends und Entwicklungen, Berlin, S. 245-258.

Dies ist ein überarbeiteter Auszug vom „Handbuch Tourismus und Verkehr“, 2. Auflage, Konstanz/München 2017.

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Der Beitrag erschien zuerst auf www.wirtschafts-thurm.de

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