Milton Erickson Gesellschaft Austria: Interview mit Andreas Kollar über hypnosystemische Gesprächsführung

Wie mit Hilfe der hypnosystemischen Gesprächsführung bessere Mitarbeitergespräche geführt werden können. Andreas Kollar, Obmann der Milton Erickson Gesellschaft Austria, verrät im Interview, worauf es dabei ankommt.

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Mag. Andreas Kollar ist Klinischer und Gesundheitspsychologe. Er ist seit 2010 im stationären psychiatrischen Bereich und in freier Praxis – dort auch als Sportpsychologe – tätig. Herr Mag. Kollar arbeitet mit dem Hypnosystemischen Integrationsmodell nach Gunther Schmidt.
Seit 2016 ist er im Vorstand der Milton-Erickson-Gesellschaft Austria in Wien, seit 2018 als Obmann tätig.
Dozenten- und Vortragstätigkeit: Ausbildung zum Hypnotherapie-Lehrtrainer, Peak Performance und Neurofeedback, Hypnosystemische Themen im Coaching und Therapiebereich


ANDREAS KOLLAR
MAG. ANDREAS KOLLAR (QUELLE: WOLFGANG R. FÜRST; ANDREAS KOLLAR)

Herr Kollar, worauf achten Sie bei Ihrer Gesprächsführung?


Das ist schon eine spannende Frage. Hierzu sollten wir uns bewusst machen, dass Kommunikation immer in einem Kontext eingebettet ist und somit auf mehreren Ebenen abläuft. Und entsprechend sollte der Gesprächsführende diesen Kontext berücksichtigen und beobachten.

Welche Idee steckt bei dieser Kontext-Betrachtung dahinter?

Der Kontext ist ein komplexes Phänomen und fängt bei den Beteiligten an. Gehen wir von einem Gespräch zwischen zwei Personen aus. Der Gesprächsführende sollte sich aus meiner Sicht die Frage stellen, was er im Gesprächsprozess benötigt und was sein Gegenüber. Des Weiteren ist auch wichtig, in welchem Rahmen das Gespräch stattfindet, so dass unter Umständen bestimmte Regeln zu beachten sind: Regeln des Umgangs und kulturelle Regeln etwa.

Sie können sich vorstellen, dass das schon eine große Herausforderung ist, diese ganzen Informationen zu verarbeiten, wenn man nicht viel Zeit hat für und in einem Gespräch, um einen guten Zugang zu sich selbst und dem Gegenüber zu finden.

Geht es bei der Gesprächsführung also im Kern darum, möglichst schnell einen Zugang zu seinem Gegenüber zu finden?

Es geht natürlich um die Beziehungsgestaltung. Aber nicht nur, sondern auch um das Gesprächsziel, also die inhaltliche Ausrichtung des Gesprächs.

Ich führe ein Gespräch anders, wenn es ausschließlich um den Austausch von Informationen geht oder wenn es Klärung von Themen geht, was in der Therapie eine wichtige Rolle spielt.

Sie merken: Die Ebenen laufen immer ab, können jedoch in Abhängigkeit des Kontextes variieren. Das bedeutet in Bezug auf die Führung eines Gespräches, dass sich der Führende immer wieder die Fragen stellen sollte, an welcher Stelle des Gespräches er in eine führende Rolle geht oder wann er sich ein wenig selber führen lassen sollte und wohin das Gespräch die Beteiligten trägt.

Ist Gesprächsführung somit nicht immer ein Führen?

Es ist bewusstes Gestalten von Führen und Führen-lassen. Denn es geht ja nicht immer nur um ein „Ich“ und „Du“, sondern aus diesen Polen könnte ja auch ein „Wir“ entstehen. Ein „Wir“ im Sinne eines übergeordneten Gesprächsziels.

Ist das das Spezifische des hypnosystemischen Ansatzes – ein „Wir“ entstehen zu lassen?

Gunther Schmidt hat mit seinem hypnosystemischen Ansatz einen hochkooperativen Gesprächsansatz entwickelt. Es geht um die Schaffung gemeinsamer Erlebensräume, in denen die Menschen ihre Wahlfreiheit im und durch das Gespräch erhöhen können. Und der Hypnoaspekt ist aus meiner Sicht das zentrale Element, da die Trancesprache das Grundelement von jedem sprachlichen Austausch ist. Sprache ist eben nicht nur dazu da, Informationen zu übermitteln, sondern dient ganz wesentlich auch dazu, wie wir unsere Zustände regulieren. Und das ist der Kern der Hypnotherapie: Wie gestalte ich mein Erleben und wie gestalten wir in gemeinsamer Kommunikation unser Erleben und damit auch unser Verhalten.



Darum geht es aus meiner Sicht. Oder nach Fritz Simon in einer Frage ausgedrückt: „Was kann ich dazu beitragen, dass wir uns konstruktiver missverstehen?“

Geht es in einer solchen kooperativen Gesprächsführung also stets darum, dass ich sowohl mich als auch mein Gegenüber sehe?

Ja, das kann man durchaus so sagen, wobei es auch darum geht, gemeinsam in eine Art Trance zu gehen, wo man die Wörter als Brücken für bestimmte Zustände benutzen kann.

Wie könnte ich das in eine „klassische“ Führungssituation im Unternehmen übertragen? Stellen wir uns vor, dass die Leistung eines Mitarbeiters nachhaltig nachgelassen hat und der Chef mit ihm nun darüber sprechen möchte. Wie kann dieses Gespräch aus hypnosystemischer Sicht gestaltet werden?

Der Gesprächsführende muss aus meiner Sicht so viel wie möglich vom Kontext her denken und verstehen und dann eine bestimmte Form der Gesprächsführung anbieten.

Der Gesprächsführende muss erfassen, welche Problemstellung durch das Gespräch anzugehen ist und was eine angemessene kontextbezogene Augenhöhe für das Gespräch wäre: Ein Gespräch „von oben“ her? Ein Gespräch auf derselben Ebene? Oder wäre eine bittende Haltung der passende Zugang?

Der momentan moderne Ausdruck „auf Augenhöhe“ ist da meiner Meinung nach zu ungenau. Es geht vielmehr um eine kontextbezogene Augenhöhe. Wenn jemand imstande wäre, seine Leistung zu erbringen, kann der Gesprächsführende in wertschätzender Form dieses auch einfordern. Wenn er jedoch mitbekommt, dass der Mitarbeiter aufgrund von anderen Faktoren derzeit nicht in der Lage ist, seine Leistung vollumfänglich zu erbringen, kann eine andere Form adäquater sein. Hier ist der Gesprächsführende gefragt, während des Gespräches immer wieder ein Feedback einzuholen.

Also, ich stelle mir den wütenden Chef vor, der den Untergebenen zum Gespräch einbestellt. Was wären denn nun aus hypnosystemischer Sicht jene Schritte, die der Chef zu gehen hat?

Also zunächst geht es um Selbsthypnose. Denn aus hypnosystemischer Sicht ist ein wütender Chef bereits in einer Trance, da er aufgrund seiner Wut einen eingeengten Fokus besitzt.

Was sollte also der Chef nun machen? Er sollte sich seiner Wut-Trance bewusst werden. Denn aus Sicht des Chefs gibt es gute Gründe für diese Wut. Der Begriff „gut“ ist hierbei nicht moralisch gemeint, sondern in dem Sinn, dass die Gründe aus einem Bedürfnis entstehen. Egal, welcher Impuls in einem Menschen auftaucht – dieser Impuls steht für Bedürfnisse. Damit aber ist die Wut des Chefs ja gar nicht das Problem. Die Wut ist eine Anzeige dafür, dass der Chef etwas braucht.

Der Chef braucht die Leistung seines Mitarbeiters.

Genau. Und gleichzeitig braucht er auch einen adäquaten Zustand für die Kommunikation. Doch die angesprochene Situation enthält ja auch ferner, dass der Mitarbeiter auch etwas braucht. Aus hypnosystemischer Sicht würde man zunächst davon ausgehen, dass der Mitarbeiter gute Gründe dafür hat, seine Leistung nicht zu erbringen. Aber natürlich hat das auch einen Preis und muss im Rahmen der Erwartungen des Auftraggebers sein.

Geht es also um die Fähigkeit der Selbstreflexion beim Gesprächsführenden?

Es geht darum, dass diese Person – hier der Chef – seine Selbststeuerungsfähigkeit nicht verliert. Daher ist für mich eine zentrale Frage, auf welche Weise der Chef eine sog. Steuerposition aufbauen kann. Wie gelingt es ihm, im Außen den Dialog zu führen – also das Gespräch mit dem Mitarbeiter – und gleichzeitig einen inneren Dialog, bei dem es in unserem Beispiel um die Wut geht. Und hierbei die anderen Parameter der Situation – Gesprächsziel, Zeit und Ort etwa – berücksichtigt. Dadurch schafft es der Chef, den Kontext und die enorme Flut an Informationen zu ordnen.

Das bedeutet doch, dass der Chef ständig sich selbst und die Situation reflektieren muss, während er – nach außen hin sichtbar – ein Gespräch führt.

Ja, das ist die grundsätzliche Idee. Es geht während eines Gespräches einerseits darum wahrzunehmen, welche Impulse in mir auftauchen – wir sprechen hier von „Erleben“ –, und andererseits um die Gestaltung des Gespräches mit meinem Gegenüber. Wohlgemerkt, es geht um Wahrnehmung, nicht um Bewertung.

Verstehe ich es richtig: Es geht darum, dass ich als Gesprächsführender das Erleben in mir wahrnehme, gleichzeitig das Erleben meines Gegenübers beobachte, was mir etwa über Mimik und Gestik gelingen kann, und ferner schaue, wie sich diese Erleben-Perspektiven auf unsere Situation auswirken. Denn wenn ich den Chef betrachte, möchte dieser ja seinen Mitarbeiter wieder zu einer höheren Leistung bringen.

Verlangen Sie da nicht sehr viel von einer Führungskraft?

Ja. Von einem Psychologen oder Psychotherapeuten muss ich so etwas verlangen können. Und eine Führungskraft, die durch ihre direkte Führung ja einen erheblichen Einfluss auf seine Mitarbeiter nimmt, sollte aus meiner Sicht ebenfalls genauso agieren. Denn vergessen wir nicht: Es geht um kontextbezogene Augenhöhe und um ein „Wir“.

Führung ist doch etwas sehr Komplexes. Führung ist komplexe Kommunikation. Und aus meiner Sicht wird oftmals unterschätzt, wie wichtig es ist, Strukturen in dieser Komplexität aufbauen zu können.

Dass Psychotherapeuten so etwas können sollen, kann ich nachvollziehen. Aber Führungskräfte? Hat nicht jede Führungskraft ihr typisches Führungsverhalten, also ihren Führungsstil?

Das ist ja das Interessante, dass jeder Führungsstil in einer bestimmten Situation funktionieren kann. Im Fußball kennt man etwa die Feuerwehrtrainer, die in einer bestimmten Situation geholt werden. Da hat die Fußballmannschaft gerade keinen Erfolg, und nun kommt der Trainer mit seinem Führungsstil, der in dieser Situation genau der richtige ist. Und vielleicht noch im Folgejahr. Dann aber nicht mehr, da er für die Entwicklung der Spieler und der Teams und die verfolgten Ziele nicht mehr dienlich ist. Auch hier ist wieder der Zielaspekt sehr wichtig, der den Kontext bestimmt.

Im Fußball mag das ja  funktionieren. Allerdings wird eine Führungskraft in einem Unternehmen nicht mal eben ausgetauscht. Sie ist unter Umständen über viele Jahre in diesem Unternehmen. Und was Sie vorschlagen ist, dass diese Führungskraft dieses komplexe Denken lernen soll. Dann geht es doch nicht mehr um einen resp. meinen Führungsstil, sondern um eine ständige Reflexion von Gesprächsmomenten.

Ja, doch müssen Sie sich hierbei vergegenwärtigen, dass bei der Frage nach der Komplexität ja auch gefragt werden muss, wann diese Komplexität erforderlich und wann eine Komplexitätsreduktion wichtig ist. Es kann ja sein, dass es sinnvoll ist, nicht so viel Aufwand zu betreiben und ein Gespräch durchzuführen, wie man es gewohnt ist.

Das ist gerade das Schwierige an jeder Gesprächssituation: Herauszufinden, was wichtig ist und was nicht.

Aber ist Wichtigkeit nicht eine Bewertung?

Schon, doch keine, die mich aus der Gesprächsbahn führt. Vielmehr kommt aus unserem Gespräch doch immer deutlicher heraus, dass Gesprächsführung eine sehr komplexe Sache ist. Und im Kern geht es ja darum, dass die gesprächsführende Person für sich in der Lage ist, eine Steuerposition aufzubauen. Also die Fähigkeit besitzt, gleichzeitig auf sich, den anderen und die Situation zu schauen. Nur dann kann sie ja adäquat und kontextbezogen handeln.

Das Ziel einer hypnosystemischen Gesprächsführung wäre also immer, diese Steuerposition einnehmen zu können.

Genau. Mit dieser Steuerposition bin ich sehr flexibel und gestaltend tätig. Das ist wichtig, da sich während eines Gespräches ja auch Ziele ändern können. Etwa, wenn der Mitarbeiter von der schweren Erkrankung seiner Frau erzählt. Dann geht es unter Umständen nur noch indirekt um die Leistungserhöhung, sondern direkt darum, wie Führungskraft und Mitarbeiter gemeinsam mit dieser Situation im Arbeitskontext umgehen.

Die Idee ist, wenn wir eine Stunde miteinander gearbeitet haben, dass das Ziel schon nicht mehr dasselbe ist wie zu Beginn des Gespräches. Damit merken Sie aber auch, dass es in diesem Fall nicht um Zielerreichung, sondern um Zielerleben geht.

Zielerleben?

Genau. Das ist aus hypnotherapeutischer Sicht das einzige, worauf ich einen kommunikativen Einfluss habe als Gesprächsführender. Eine Führungskraft hat in einem Gespräch immer nur das, was sie ihrem Gegenüber kommunikativ anbietet. Sobald also das Gespräch beendet ist und der Mitarbeiter aus dem Raum geht, endet der direkte Einfluss der Führungskraft. Und da hofft man auf Regelungen etc., die das Verhalten des Mitarbeiters im Sinne des Unternehmens wahrscheinlicher machen. Die Alternative ist natürlich mit Folgekosten zu arbeiten. Auch so lässt sich verhalten regulieren und kann auch als absolut adäquate Methode eingesetzt werden. Doch im Prinzip habe ich nur meine Worte, meine Mimik und Gestik, die ich meinem Gegenüber innerhalb der Kommunikation anbiete. Und auf welche Weise der Mitarbeiter das Gespräch verwertet, hängt von seiner Selbstregulation ab.

Damit gewinnt aber auch der Kontext seine Bedeutung: Ob ich Räume schaffe für Begegnung, ob ich Zeiträume schaffe für Begegnung, welche Angebote gibt es, diese Räume zu nutzen, bestimmt schon sehr viel, auf welche Weise ich mein Gespräch führen kann. Der ganze äußere Kontext ist in diesem Sinne bereits eine massive Intervention. Wie baue ich Regeln und eine Kultur auf, die all unsere Gespräche mitstrukturieren?

…und übertragen auf unser Beispiel?

In dem Moment, in dem der Mitarbeiter zum Chef kommt, sind schon viele Rahmendaten gesetzt. Oder anders ausgedrückt: Es sind schon viele Möglichkeiten seitens der Führungskraft verstrichen, auf die Leistungsfähigkeit des Mitarbeiters einzuwirken. Eine Idee wäre also etwa zu schauen, ob man nicht ein Feedbackgespräch hätte viel früher führen können. Dafür könnten regelmäßige Meta-Gespräche zur Auswertung des momentanen Prozesses sehr zieldienlich sein.

Lassen Sie mich nochmal zum Zielerleben zurückkommen. Wie kann ich denn von außen sehen, dass mein Gegenüber das Ziel erlebt. Und in der Folge tatsächlich versuchen wird, seine Arbeitsleistung zu erhöhen.

Das ist tatsächlich eine Gratwanderung bei der Führung, denn was der Chef ja erreichen möchte, ist eine Verhaltensänderung. Da ist der Grat zwischen ziel- und mitarbeiterbezogenen Führungsstilen unglaublich schmal. Denn manchmal ist es unter Umständen sehr schwer zu erkennen, wann ein Stilwechsel angesagt ist, da die Kontextänderung eben nicht immer disruptiv, sondern sehr schleichend daherkommt.

Um diesen schmalen Grat jedoch handhabbar machen zu können, kann ich da jedem nur empfehlen, sich mit dem hypnosystemischen Modell von Gunther Schmidt (Gunther Schmidt: „Einführung in die hypnosystemische Therapie und Beratung“) zu beschäftigen. Bei diesem Modell geht es nicht darum, viele Techniken zu erlernen, sondern sich bestimmter Schritte bewusst zu werden und dadurch Gestaltungsräume zu öffnen.

Dieses Modell schafft es nach meiner Erfahrung in sehr guter Weise, immer wieder in eine Steuerposition zu kommen.

Sie können an dieser Stelle sicherlich nicht das gesamte Modell von Gunther Schmidt erläutern. Könnten Sie gleichwohl einige Aspekte dieses Modells beschreiben, die aus Ihrer Sicht für eine Gesprächsführung wichtig sind? Aspekte, die wir noch nicht benannt haben?

Ein weiterer wichtiger Aspekt ist zu wissen, welche Auswirkungen es hat, wenn sich das Verhalten des Mitarbeiters nicht ändert. Und diese Auswirkungen müssen dann ebenfalls transparent und wertschätzend kommuniziert werden.

Wenn ich all das Gesagte bei einer Gesprächsführung berücksichtigen soll – verlangen Sie da letztlich nicht eine reife Sichtweise von der Führungskraft, um kontextbezogene Augenhöhe umzusetzen?

Letztlich ja. Doch lassen Sie mich betonen, dass kontextbezogene Augenhöhe von beiden Seiten eine gewisse Reife verlangt. Stellen Sie sich tatsächlich vor, dass der Chef in eine bittende Haltung geht, dann bedeutet das ja nicht, dass der Chef immer nur bittet. Er bittet, da er aus seiner Sicht in diesem Moment – d.h. in diesem Kontext und mit diesem Ziel – eine ganz bestimmte Form der Führung anwendet. Nicht manipulativ, sondern authentisch und transparent. Und aus diesem Moment heraus sollte der Mitarbeiter auch verstehen, dass der Chef in anderen Situationen in anderer Weise agieren kann und wohl auch wird. Das wiederum bedeutet, dass der Mitarbeiter dieses erkennen und dem Chef mit Respekt gegenübertreten sollte. Und das, obgleich die aktuelle Situation für ihn – von außen betrachtet – vielleicht unangenehm ist, da es ja um seine Minderleistung geht.

Welches Menschenbild steckt somit hinter der hypnosystemischen Sicht?

Oh, das ist eine interessante Frage. Wenn wir uns fragen, wie das Erleben anfängt, reden wir immer von der „Wahrgebung“ – nicht von der Wahrnehmung (vgl. Konstruktivismus). Das soll bedeuten, dass alles das, was Sie sagen, zunächst eine Aussage über sie selbst ist. Und bei mir ist es genauso. Hier steckt der Kerngedanke der Autopoiese drin, also dass der andere immer als ein selbstregulatorisches, sich entfaltendes Wesen verstanden wird. Doch wenn jeder Mensch ein solches Wesen ist, dann möchte er auch autonom sein – und er lässt es sich nicht bieten, zu sehr gesteuert zu werden.

Ich gebe gerne zu, dass eine solche Sichtweise sehr herausfordernd ist.

Und diese Sichtweise würde ja bedeuten, dass ich als Führungskraft stets auch den Menschen im Mitarbeiter erkennen sollte.

Ja, sofern Sie den Menschen als selbstregulierendes Wesen meinen. Damit wird aber auch deutlich, dass es Grenzen der Beeinflussung durch außen gibt – also etwa durch direkte oder indirekte Führung. Und damit Grenzen von organisationaler Entwicklung. Menschen lassen sich nicht auf Dauer „wie Zitronen auspressen“. Symptome wie Erschöpfung (bis hin zum Burnout), innere Kündigung oder Sabotage sind die Reaktionen darauf.

Nun noch einige Fragen zu Ihnen als Privatperson mit der Bitte, spontan zu antworten. Ich nenne Ihnen nachfolgend drei Begriffspaare, die Pole zueinander darstellen. Welche Bedeutung haben diese Pole für Ihr Leben? Sie können jeweils 100% verteilen:

Planung: 30%Spontaneität: 70%
Rationalität: 30%Intuition: 70%
Sicherheit: 60%Mut: 40%

Wenn Sie zur Ruhe kommen möchten – wie sieht Ihr Ruheraum aus und wo befindet er sich?

Ich liebe mein Bett, die Badewanne und die Sauna.

Wenn Sie in Ihrem Leben etwas verändern könnten und die Garantie hätten, damit Erfolg zu haben – was würden Sie dann anders machen?

Gar nichts.

Welche Geschichte über sich möchten Sie in 50 Jahren Ihren Enkeln erzählen können?

Es ist egal, was ich im Außen geschafft habe. Denn die wichtigsten Geschichten waren immer jene, die nach dem Diogenes-Prinzip funktioniert haben – ein Nichtblenden durch das Außen, sondern das gemacht zu haben, was ich in jenem Moment für richtig gehalten habe.

Welche Farbe hat für Sie persönlich das aktuelle Jahr?

Violett.

Auf einer Skala von 1 bis 10: Wie fanden Sie die Schokolade?

Verkostet wurde eine Schokolade von Dr. A.: Zarte Vollmilchschokolade mit Haselnüssen und Zimtcrunch.

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Herr Kollar, vielen Dank für das Gespräch!

Das Gespräch führte Prof. Dr. Bernd Ahrendt.
Kontakt: www.berndahrendt.de

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Beitragsfoto: © oliavlasenko – fotolia

Der Beitrag erschien zuerst auf www.wissenschafts-thurm.de

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