Top statt Flop – Praxistipps für den Start ins eigene Unternehmen

Eine Erfahrung sei vorausgeschickt: Fast immer benötigt der Prozess bis zur Markteinfüh­rung sehr viel mehr Geld und Zeit als ursprünglich geplant. Ohne Reserven wird das Ganze extrem stressig. Und noch etwas: Es lohnt sich, täglich(!) festzuhalten, was man jenseits der Tagesroutine getan hat, um den Gründungsprozess und das Marketing voranzutreiben. „Steter Tropfen höhlt den Stein“ – auch kleine Schritte führen zum Erfolg.

Existenzgründung

Hier mein erster Tipp: Begrenzen Sie das Risiko durch Do it-Yourself-Marktforschung.

Ob eine Geschäftsidee später im Markt ein Hit oder ein Flop wird, weiß mit absoluter Sicherheit keiner. Marktforschung liefert aber Hin­weise, das Gründungsvorhaben entweder noch einmal zu überdenken oder es aber mit einem sichereren Gefühl fortzusetzen. Kosten hierfür fallen kaum an, sofern der Gründer dabei aktiv mitwirkt.

Tipp Nummer zwei: Betreiben Sie kein voreiliges Ankündigungsmarketing.

Geschäftsmodelle machen häufig eine evolutionäre Ent­wicklung durch, deren Ausgang nicht immer vorherseh­bar ist. Zu früh eingesetzte Werbung verpufft dann und vernichtet Geld, das später benötigt wird.

Drittens: Binden Sie bei der Angebotsentwicklung frühzeitig potenzielle Kunden ein.

Der Optimismus vieler Gründer kann schnell zu Reali­tätsverlust führen. Ihre Begeisterung für ihr „sensationelles“ neues Produkt ist manchmal zu groß. Gründer können versuchen, sich davor zu schützen, indem sie von Beginn an den Rat und das Urteil interessierter, positiv eingestellter Personen suchen, die dem Zielgruppenprofil entsprechen. Natürlich ist es wichtig, dabei kritisch zu bleiben. Entscheidungen trifft immer der Gründer selbst.

Viertens: Suchen Sie bereits in der Vorgründungsphase Unterstützer, und bilden Sie Netzwerke.

Als Einzelkämpfer haben Gründer es schwer. Sie sollten sich deshalb frühzeitig bemühen, ein Netzwerk kompe­tenter Fachleute zu etablieren. Bei vielen ist die Bereit­schaft groß, auch ohne Entgelt zu helfen.

Fünftens: Nutzen Sie externes Marketing-Know-how, aber wählen Sie die Marketingberater gezielt aus.

Gegenseitige Sympathie oder ein paar kluge Bemer­kungen zum Geschäftsmodell sollten bei der Beraterwahl nicht allein ausschlaggebend sein. Es empfiehlt sich, konkrete und zeitlich begrenzte kleine Arbeitsschritte zu vereinbaren (anstelle der „Erarbeitung einer Marketing­konzeption“ o. ä.), so dass ein eventueller Beraterwechsel ohne größere Probleme möglich ist. Und vertrauen Sie externen Empfehlungen mehr als beeindruckenden Selbstdarstellungen.

Sechstens: Behalten Sie von Anfang an Liquidität und Kostenentwicklung im Auge.

Nachlässige Kostenkontrolle kann unversehens in eine finanzielle Sackgasse führen, aus der man nicht mehr herauskommt.

Siebentes: Beseitigen Sie Schwachstellen umgehend, ohne perfektionistisch zu sein.

Es wäre verhängnisvoll, gravierende Schwachstellen und ungelöste Probleme des Geschäftsmodells zu ignorieren und darauf zu vertrauen, dass sich die Mängel bei der späteren Umsetzung schon „irgendwie“ beseiti­gen ließen. Der Aufwand für die Behebung ursprüng­licher Versäumnisse steigt im Zeitablauf rapide an.

Achtens: Klären Sie Finanzierungsfragen gleich zu Anfang. Verlassen Sie sich dabei nicht allein auf mündliche Zusagen.

Nichts ist für Gründer frustrierender, als zwischendurch das Handtuch werfen zu müssen, nur weil das Geld fehlt. Banken warten nicht gerade auf Gründer, die in der Liquiditätsklemme stecken. Solange die Finanzierung nicht gesichert ist, muss der Fuß auf der Bremse bleiben.

Neuntens: Verbessern Sie Ihre Softskills, und nutzen Sie jede Gelegenheit zum praktischen Üben.

Kommunikationskompetenz, Präsentations- und Ver­handlungstechnik, Zeitmanagement usw. – all dies sind mit Sicherheit Erfolgsfaktoren der Existenzgründung. Wer hier Defizite hat, muss eben mit Hilfe von Coachs oder Workshops an sich und seinen Fähigkeiten arbeiten. Und genau wie jeder angestellte Manager muss ein Grün­der lernen, sich und seine Leistungen überzeugend zu präsentieren.

Last but not least mein zehnter Tipp: Konzentrieren Sie die Kräfte auf das wirklich Wesentliche.

Nur wenn es gelingt, Prioritäten zu setzen, wird das Gründungsvorhaben zu einem erfolgreichen Ende ge­führt werden können. Was kann ich selbst tun, was sollte ich besser an Experten delegieren? Was ist die Schwierigkeit, die mo­mentan die meisten Sorgen bereitet? Was kann warten, und mit welchen Folgewirkungen ist dann zu rechnen? Oftmals lösen sich Probleme fast wie von selbst, wenn es gelingt, den zentralen Engpass im Gründungsprozess zu identifizieren und zu beseitigen.

Start, Go on oder Stopp? Bleibt das Gründungsvorhaben trotz aller Vorsichtsmaßnahmen extrem risikoreich, würde ich von der Gründung abraten. Ein späteres Scheitern könnte zu einer ernsthaften Bedrohung für den langfristigen beruflichen und privaten Lebensentwurf werden. Es gibt schließlich noch andere Optionen als nur die Unternehmensgründung. Nicht immer bin ich bei einigen meiner Gründungsberatungen für meine Skepsis auf Verständnis gestoßen. Welcher von seiner Geschäftsidee begeisterte Jungunternehmer hört schon auf zu kaufmännischer Vorsicht mahnende Ratschläge? Wenn ich mit meinen Bedenken recht behielt und ein allzu optimistischer Gründer sein Projekt gegen die Wand gefahren hatte, gelang es uns gottseidank fast immer, gemeinsam einen Ausweg zu finden. Ich bin aus eigener Erfahrung fest davon überzeugt, dass in jeder Krise auch neue Chancen stecken, die es konsequent zu nutzen gilt.

Der Beitrag erschien zuerst auf www.wirtschafts-thurm.de

About The Author

Kommentar verfassen

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

 

Hinweis: Die Markierung der Checkbox ist kaum zu erkennen. Falls der Kommentar nicht abgeschickt werden kann, bitte nochmals anklicken. 

Ich habe die Datenschutzerklärung gelesen und akzeptiert.

Scroll to Top