Das Hochschulgelände

Campus

Mit dem Wort „Campus“ wird das Hochschulgelände bezeichnet. Im Folgenden wollen wir die Fragen klären, woher der Begriff stammt, was unter einer „Campus-Universität“ zu verstehen ist und wie sich der Campus im Laufe der Zeit verändert hat.

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Campus stammt aus dem Lateinischen und bedeutet u. a. „Feld“
oder „Ebene“. Im Plural ist der Begriff übrigens unverändert. Umgangssprachlich ist laut Duden auch „Campusse“ erlaubt. Ursprünglich hatte der Begriff gar nichts mit Universitäten zu tun. Bis in die Mitte des 19. Jahrhunderts hinein entwickelten sich die Hochschulen in Europa überwiegend im Stadtkern. Es gab noch nicht so viele Studierende und die angebotenen Fächer wie Rechtswissenschaft, Mathematik oder Philosophie hatten keinen großen Raumbedarf. Mit zunehmender Zahl Studierender wurde der Platz in der Innenstadt aber knapp und daher entstanden am Stadtrand Universitätsgebäude. Hinzu kam der wissenschaftliche Fortschritt verbunden mit der Expansion wissenschaftlicher Fächer, was zu einem Bedarf an Gebäuden für Forschungseinrichtungen, Labore und Bibliotheken führte.

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Die Ansiedlung von Universitäten außerhalb des Stadtkerns fand am konsequentesten in Nordamerika statt. Harvard wurde 1636 gegründet und ist damit die älteste Universität der USA. Die Errichtung der nordamerikanischen Universitäten vollzog sich oftmals in Randlage oder sogar „im Grünen“ parallel zur jeweiligen Stadtgründung. Es handelte sich um klar definierte Areale auf denen die Gebäude der Hochschulen standen und so wurde erstmals der Begriff Campus für diese „Felder“ verwendet. Heute bezeichnet man als Campus-Universität Hochschulen, deren Gebäude nicht über die ganze Stadt verteilt sind, sondern sich an einem Ort (dem Campus) befinden.

Viele der frühen Universitätsgründungen in den USA sind architektonische Schmuckstücke, die bis heute nichts von ihrem Reiz verloren haben. Im Gegensatz zu Europa war der innerstädtische Platzmangel in Nordamerika nicht der treibende Faktor für die Gründung von Hochschulkomplexen am Rande der Stadt. Vielmehr sollte abseits des als störend eingestuften städtischen Lebens der architektonische Rahmen für eine akademische Gemeinschaft von Studierenden, Lehrenden und Hochschulangestellten geschaffen werden. So entstanden autarke Areale mit allen notwendigen infrastrukturellen Einrichtungen. In erster Linie gehören dazu die Gebäude, in denen gelehrt und geforscht wird. Weiterhin finden sich auf dem Campus Bibliotheken, technische Versorgungseinrichtungen, Mensen, Cafés, Sportanlagen und Wohnheime. Ein Campus US-amerikanischer Prägung ist weit mehr, als ein Gelände auf dem sich die Bildungseinrichtung befindet, sondern es ist ein sozialer Mikrokosmos, der oftmals mit einem besonderen „Spirit“ oder „Korpsgeist“ ausgestattet ist. Die Neuankömmlinge (freshmen) werden in das System aufgenommen, in dieser Lern- und Freizeitumgebung sozialisiert und bleiben als Alumni (Absolventen einer Hochschule) ihrer Institution oft ein Leben lang verbunden. Die räumliche Fokussierung des Unilebens auf einem Campus fördert das Zusammengehörigkeitsgefühl bzw. ermöglicht es erst.

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In Deutschland stieg die Zahl der Studierenden ab 1960 sehr stark an. Zum Ersten drängten nun die geburtenstarken Jahrgänge in die Hochschulen und zum Zweiten begann eine Bildungsreform, die allen Bevölkerungsschichten eine akademische Ausbildung ermöglichen sollte. „Bildung für Alle“ war das Credo dieser Epoche. Viele Neugründungen von Universitäten wurden als Campus-Hochschulen am Stadtrand realisiert. Anders als in den USA, ging es aber nicht um die Erzeugung einer inspirierenden Atmosphäre, in der sich die geistige Elite des Landes formen kann, sondern um das Unterbringen einer sehr großen Anzahl von Studierwilligen. Errichtet wurden daher Zweckbauten, deren Funktionalität wichtiger war als ästhetische Ansprüche. Viele Hochschulen, die in den 60er und 70er Jahren des letzten Jahrhunderts entstanden, können mit dem wenig schmeichelhaften Begriff der „Massenuniversitäten“ betitelt werden.

Mittlerweile hat aber ein Umdenken stattgefunden, das durch eine ganzheitlichere Betrachtung gekennzeichnet ist. Das Studium wird nun als ein Lebensabschnitt interpretiert, bei dem das Lernen und die Ausbildung sicherlich im Vordergrund steht, aber im Sinne des Work-Life-Balance Konzeptes auch andere Bereiche von Bedeutung sind. Diese Sichtweise wird bei der Campus-Konzeption einer modernen Hochschule berücksichtigt. Die meisten Hochschulen werben mit den jeweiligen Möglichkeiten, die ihr Campus bietet: Sport treiben, Kulturveranstaltungen besuchen, in Grünanlagen relaxen, Partys feiern, auf der Wiese grillen und vieles mehr. Und all dies in einer möglichst angenehmen Atmosphäre, mit einer entsprechenden Architektur und Gestaltung der Grünanlagen.

Die Kommunen und Bundesländer unterstützen die Hochschulen häufig dabei, sich herauszuputzen. Schließlich sind die Bildungseinrichtungen auch ein Standort- und Imagefaktor. So manche Hochschule möchte die eigene Bedeutung durch repräsentative Gebäude symbolisiert sehen und sie beschäftigen daher Stararchitekten. Ein Beispiel ist die Leuphana Universität in Lüneburg, deren neues Zentralgebäude vom international renommierten Architekten Daniel Libeskind entworfen wurde.

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Ein weiterer Einflussfaktor auf die Gestaltung des Campus haben die Aufgaben der Hochschulen. Neben den Kernaufgaben Lehre und Forschung wird zunehmen von den Hochschulen erwartet, in die Gesellschaft hineinzuwirken. Diese als Third Mission bezeichnete Aufgabe umfasst Bereiche wie Service Learning (Verknüpfung von akademischer Lehre und bürgerschaftlichen Engagement), Campus Community Partnerschaften (Zusammenarbeit von Hochschule und Akteuren der Zivilgesellschaft) oder Social Entrepreneurship Education (Studierende lernen, unternehmerische Ansätze auf gesellschaftliche Probleme anzuwenden). Um diesen neuen Aufgabe gerecht zu werden, ist ein räumlich isolierter Campus am Rande der Stadt oder auf der grünen Wiese eher ungeeignet. Die räumliche Anordnung und städtebauliche Integration sollte vielmehr die gesellschaftliche Offenheit reflektieren. Der Campus der Zukunft wird wahrscheinlich eher durch netzwerkartige Strukturen und Knotenpunkte innerhalb des urbanen Systems gekennzeichnet sein.

Illustration: Ellen Burgdorf auf Basis von bikablo

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