Service-Learning: Wie lernen Studierende am besten?

Als Studentin selbst kann ich sagen, dass das Thema “Bulimie-lernen” häufiger vorkommt, als gewünscht- aber Spaß macht es sicherlich keinem, kurz vor knapp noch möglichst jede Information in sein Gehirn zu bekommen, nur um bei der Prüfung dann zu performen und im nächsten Semester nichts mehr davon zu wissen.

Anderseits bringt jedoch wissen und weiterbilden Spaß und da der Studierende in der Regel volljährig ist, ist es auch in unserer eigenen Verantwortung ob wir studieren und wie gute Studenten wir sind. Ein Thema das uns dabei helfen könnte, lebenslang zu lernen und nicht nur für die nächste Klausur, ist das Service-Learning.

Abb.1: Klassische Lernsituation
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Was ist Service-Learning?

Service Learning meint das akademisch angebundene Lernen (also „learning“) mit einer Leistung, die der Zivilgesellschaft zugutekommt („Service“). Studierende können mittels dieser Methode an einem konkreten Projekt arbeiten und somit anderen mit Einbringen ihres Wissens und ihrer Arbeit im Rahmen einer Lehrveranstaltung helfen. Service Learning verbindet daher das akademische Lernen, welches sonst klassisch in der Hochschule ausgeführt wird, mit der Praxiserfahrung und dem gesellschaftlichen Engagement (Seifert, Zentner, & Nagy, 2012).

Service Learning kann nicht nur punktuell, sondern auch systematisch und nachhaltig in die Hochschule und die Region implementiert werden. Durch feste Kooperationspartner wird die Hochschule so in die Region eingebunden, kann Ihre Präsenz nach außen hin stärken, somit Ihre Reputation verbessern und wird so wiederum auch noch attraktiver für den Kooperationspartner und potenzielle Studierende (Miller, Ruda, & Stark, 2019).

Vor- und Nachteile von Service Learning

Als Studentin habe ich sowohl Vor-, als auch Nachteile des Service Learning selbst erfahren können.

Für mich war ein riesiger Pluspunkt, dass die Projekte die wir bearbeiteten, nicht nur auf eine Note hinausliefen, sondern, dass wir durch unsere Arbeit auch etwas Relevantes für einen Auftraggeber untersuchten. Je nachdem wer der Auftraggeber ist, ist mit dem Service Learning auch eine Präsentation beim Kunden gewünscht. Als Studierender erhält man ständig Feedback von seinen Kommilitonen und Dozenten, dennoch finde ich, dass sich ein Feedback nach Projektabschluss auf der freien Wirtschaft davon unterscheidet. Es zeigt konkret auf, ob das was man untersucht hat relevant war und wenn ja, welche Schlussfolgerungen daraus gezogen werden könnten. Das heißt, wenn die Forschung etwas Spannendes aufgedeckt hat, können hieraus noch weitere Projekte entstehen.

Mit einem allgemeineren Blick auf das ganze, nützt den Studierenden ein Praxisprojekt mit einem namenhaften Partner auch auf dem Lebenslauf etwas. Etwa 68% der Studierenden in Deutschland gehen neben einem Vollzeitstudium noch einer Nebentätigkeit nach (http://www.sozialerhebung.de). Von diesen 68% haben aber natürlich nicht alle einen Job, der ihnen auch zukünftig etwas bringt. Eine Umfrage aus dem Jahr 2010 zeigt, dass 15% aller Studierenden einen Bürojob haben, dicht gefolgt von einem Kellnerjob mit 13,3%. Des Weiteren arbeiten 6,4% der Studierenden an der Kasse und 5% als Verkäufer (Statista, 2008).

Wenn nun aber durch die Hochschule bereits die Möglichkeit besteht, dass interessante Projekte, namenhafte Auftraggeber und Lehre vereint werden, kann sich der Studierende den Druck auf freiwillige Praktika in den Ferien etwas nehmen und hat dennoch einen Pluspunkt beim Vorstellungsgespräch. 

Fraglich ist hier natürlich, wie groß dieser Pluspunkt ist und ob er überhaupt messbar ist. Denn auch wenn Service Learning sehr interessant ist, bringt es einen extremen Zeitaufwand mit sich, der über das Semester konstant anhält und zur Abgabe der Ergebnisse sogar nochmal ansteigt.  Von daher sollte der Pluspunkt im Vorstellungsgespräch nicht der Antrieb des Studierenden sein.

In den verschiedenen Projekten merkte ich außerdem, wie wichtig es ist, dass die Kommunikation zwischen dem Praxispartner und der Gruppe an Studierenden stimmt. Leider erlebte ich auch einen negativen Fall, indem erst ein Vertrag seitens des Praxispartners geschlossen werden sollte, der das Arbeitspensum deutlich überschoss und nach einer Einigung und Vertragsabschluss immer wieder Extrawünsche hereinkamen. Wenn der Dozent also die Vermittlung des Projektes übernimmt, so sollte auch die Kommunikation im dem Praxispartner gegenüber ganz klar lauten, dass die Studierenden noch weitere Module haben und sich nicht ausschließlich nur mit diesem Projekt befassen können.

Wenn ich an meinen Bachelor zurückdenke, den ich an einer anderen Hochschule machte, kann ich mich tatsächlich nur an sehr wenige Veranstaltungen konkret erinnern und erst recht nicht daran, was ich aus den Veranstaltungen mitgenommen habe. Das macht für mich den entscheidenden unterschied zu regulären Vorlesungen. Als Studierender lernt man so ganz anders, beschäftigt sich über das Semester hinweg sehr intensiv mit diesem Projekt, geht danach quasi als Experte in diesem Bereich heraus und weiß auch noch später, was dort untersucht wurde. Service Learning sorgt also bei mir dafür, dass das Wissen länger präsent bleibt. Dieses Fazit zog aber nicht nur ich auf dem Projekt, sondern auch die Ergebnisse eines Quai- experimentellen Prä-Post-Design belegten dies (Reinder, 2010)). Die Untersuchung umfasste 116 Studierenden, die während des Semesters befragt wurden. Erhoben wurden die Ergebnisse aus dem selbsterlernten Wissen und auch der empfundene Wissenszuwachs. Die Ergebnisse belegten, dass die Studierenden aus den Seminaren in denen Service Learning zum Einsatz kam, einen höheren Wissenszuwachs erlebten, als aus konventionellen Veranstaltungen.

Abb.2: Gemeinsames Lernen für Projekte
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Beispiel für Service-Learning

Für meinen Master in Konsumentenpsychologie und Marktforschung bin ich an die Hochschule Harz gewechselt. Nach nur wenigen Wochen an dieser Hochschule erkannte ich bereits einen sehr großen Unterschied zu meiner vorherigen Hochschule, als auch zu den Erfahrungen, die ich durch Freunde und Bekannte von anderen Hochschulen mitbekam: Der extreme Praxisbezug. Bereits vom ersten Semester an wird hier versucht, das Netzwerk der Dozenten dafür zu nutzen, spannende Projekte heranzubekommen, an denen wir als Studierende forschen können. Jede Hochschule und natürlich auch jeder Dozent führt das Thema Service Learning etwas anders aus, wodurch ich nur von meinen Erfahrungen berichten kann. Zum näheren Verständnis daher nun ein paar Beispiele aus meinen bisher drei Semestern an der Hochschule Harz.

Bereits im ersten Semester hatten wir ein Modul namens „Empirie-Projekt“, in dem wir uns mit dem „Need for Touch“, zu Deutsch das Berührungsbedürfnis befassten. Untersuchen konnten wir dies dank unseres Dozenten in Form von Logoloops. Logoloops sind haptische Verkaufshilfen, welche dazu dienen sollen, dass für Studierende Produktvorteile und der Service greifbarer werden. Des Weiteren sollen Logoloops dafür sorgen, dass die Glaubwürdigkeit des Produkts oder der Dienstleistung erhöht wird und den Spaß am Kaufen anregen. In unserem Fall waren die Logoloops mit Informationen über eine Kreditkarte bedruckt. Wir untersuchten daher, ob Personen, denen ein Logoloop bereitgestellt wird, eine höhere Kaufbereitschaft aufzeigen, als Personen, die einen „normalen“ Flyer mit selbigen Informationen erhalten; ob sich die Logoloops auch auf die Preisbereitschaft auswirken; Menschen sich besser an Informationen erinnern können; die Qualität des Produktes höher einschätzen; sich länger damit beschäftigen und mehr Spaß an dem Umgang mit dieser Verkaufshilfe haben.
Falls euch das Ergebnis dieser Studie interessiert, schreibt es gerne in den Kommentaren, dann stelle ich euch das gerne zur Verfügung.

Des Weiteren ist es auch wichtig, dass das Thema des Auftraggebers auch zur Vorlesung passt. Die Lehre und Forschung stellen immerhin noch die zwei ersten Missionen dar Hochschulen dar, weshalb dies auch nicht außeracht gelassen werden sollte. Optimal sind also die Projekte, die eine Forschung für den Kunden erlauben und so die Kenntnisse der Studierenden nutzen.

Fazit

Service Learning kann für alle Seiten eine Win-Situation sein. Für die Hochschule bedeutet es, dass sie sich weiter regional integrieren kann, für die Dozenten kann es zu einer höheren Reputation führen, die Region bzw. der Auftraggeber kann vom Eifer der Studierenden profitieren und die Studierenden erhalten Zugang zu der Praxis und ein langfristiges Wissen. Dennoch hat auch das Service Learning auch Schattenseiten, die nicht außeracht gelassen werden sollten. Ein Grundstein für ein erfolgreiches Projekt ist daher die Kommunikation, die von Beginn an das Thema, den Auftrag und den Verlauf festhält. Da der Mehrwert des Service Learnings überwiegt und auch nachweislich für einen größeren Lernprozess führt, sollte das Thema weiterhin behandelt und auch an anderen Hochschulen und Universitäten integriert werden.

Literatur

Miller, J., Ruda, N., & Stark, W. (04 2019). Bildung durch Verantwortung. Abgerufen am 20. 12 2019 von https://www.bildung-durch-verantwortung.de/wp-content/uploads/2019/04/Broschuere_Implementierung_SL_HS.pdf

O.A. (09 2008). Statista. Abgerufen am 20. 12 2019 von https://de.statista.com/statistik/daten/studie/1682/umfrage/haeufigste-nebenjobs-von-studenten/

Reinder, H. (07 2010). Lernprozesse durch Service Learning an Universitäten. Zeitschrift für Pädagogik (4), S. 531 ff.

Seifert, A., Zentner, S., & Nagy, F. (2012). Praxisbuch Service-Learning. Weinheim und Basel: Beitz Verlag.

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