Was macht eine Firma in der Hochschule?

An-Institute

Liest man sich die zahlreichen Türschilder in den Fluren der eigenen Hochschule einmal aufmerksam durch, anstatt auf dem Weg zur nächsten Vorlesung mehr oder weniger achtlos an ihnen vorbeizuhasten, stolpert man vermutlich über die eine oder andere Überraschung. Neben den Büros der Professorinnen und Professoren sowie der Beschäftigten in Lehre, Forschung und Verwaltung, den Laboren, Seminarräumen und Hörsälen und all den in einer großen öffentlichen Einrichtung zu erwartenden Funktionsräumen, finden sich vielerorts nämlich auch Büros und Labore, die ganz offiziell Unternehmen und Vereinen zugeordnet sind. Was aber tun diese eigentlich an einer Hochschule – und wie kommen sie dazu, deren Ressourcen zu nutzen?

Was ist ein An-Institut?

Eine kurze Recherche wird in den meisten Fällen zu der Erkenntnis führen, dass es sich bei der GmbH, gGmbH, GbR oder dem e.V. um ein sogenanntes „An-Institut“ handelt. Ein An-Institut ist eine rechtlich selbständige Einrichtung (wie eben eine Firma, ein Verein oder auch eine Stiftung), die an einer Hochschule „angedockt“ und meist mindestens personell, oft aber auch finanziell, organisatorisch und räumlich mit dieser verflochten ist. Die meisten dieser Einrichtungen werden von Hochschulangehörigen – Professorinnen und Professoren, Mitarbeitenden und Studierenden – und/oder Alumni mit dem Ziel gegründet, hochschulnahe Forschung und Transfer zu betreiben oder aber Weiterbildungsdienstleistungen anzubieten. An-Institute können grundsätzlich gewinnorientiert (dann beispielsweise als GmbH oder GbR) oder nicht-gewinnorientiert (dann etwa als gGmbH oder e.V.) arbeiten.

Rechte und Pflichten der An-Institute

Das konkrete Verhältnis zu „Mutterhochschule“ wird dabei in verschiedenen Verträgen geregelt: Darf das An-Institut mit seiner Verbindung zur Hochschule werben? Auch mit dem Logo? Welche Räume und Geräte darf es ggf. nutzen und was erhält die Hochschule dafür als Gegenleistung? Beteiligt das An-Institut die Hochschule am Gewinn oder ist es vielleicht sogar permanent in die Erbringung von Forschung und Lehre eingebunden?

Voraussetzungen für die Anerkennung als An-Institut

Besonders interessant ist dabei der grundlegende Kooperationsvertrag, mit dessen Unterzeichnung die Partnereinrichtung überhaupt erst den Status eines An-Instituts erhält – denn natürlich darf nicht jede beliebige Firma, die irgendwie mit einer Hochschule zusammenarbeitet, diese Bezeichnung für sich in Anspruch nehmen. Wer unter welchen Bedingungen An-Institut werden darf und welche Gremien und Personen an der Hochschule – etwa der Senat, das Rektorat oder die Forschungskommission – hierfür zustimmen müssen, regeln die Hochschulgesetze der Bundesländer, die aber nicht immer die gleichen Begriffe („An-Institute“, „Institute an einer Hochschule“ oder – weniger prosaisch – „hochschulexterne kooperierende Einrichtungen“) verwenden.

In Sachsen-Anhalt ist nach §102 des Landeshochschulgesetzes (HSG LSA) beispielsweise zwingend vorgesehen, dass eine Professorin oder ein Professor die Geschäftsführung des An-Instituts innehaben muss (in anderen Bundesländern gilt dies lediglich für die wissenschaftliche Leitung). Zudem muss das An-Institut alle fünf Jahre durch den Senat der jeweiligen Hochschule evaluiert und bestätigt werden. Nur An-Institute, welche „ihrer“ Hochschule einen dauerhaften Nutzen bringen, können diesen Titel also langfristig behalten.

Abgrenzung zu In-Instituten

Nicht zu verwechseln ist das An- übrigens mit dem In-Institut (oder auch einfach nur Institut). Wie der Name bereits andeutet, ist ein In-Institut nicht an die Hochschule angegliedert, sondern in diese integriert und insofern rechtlich nicht selbständig. In der Hierarchie der akademischen Organisationseinheiten steht das Institut über dem Lehrstuhl (samt Beschäftigten), der einem Institut angehören kann, und einer Fakultät oder einem Fachbereich, zu dem wiederum das Institut gehört. Einige In-Institute sind – wie manche An-Institute – aber auch disziplinübergreifend ausgerichtet und verbinden mehrere Fakultäten oder Fachbereiche miteinander.

An-Institute sind nicht selten ein willkommener Partner bei der Beantragung von Forschungsgeldern in staatlichen Förderprogrammen, in denen eine Beteiligung der freien Wirtschaft – auch im Sinne finanzieller Eigenanteile – gewünscht ist. In vielerlei Hinsicht sind können sie in Projekten schneller und flexibler als Hochschulen agieren: Sie können technische Geräte ohne aufwändige Beschaffungsverfahren kaufen, kurzfristiger Personal einstellen und dieses außerhalb des starren Tarifsystems vergüten oder aber Forschende weiterbeschäftigen, die an der Hochschule bereits an die arbeitsrechtlichen Befristungsgrenzen des WissZeitVG gestoßen sind. Das macht An-Institute und Hochschulen zu idealen Forschungspartnern, die sich in Sachen Förderanträge, Ressourcen und Personal gegenseitig „die Bälle zuspielen“ können.

Mögliche Dimensionen des Institutgeschäftes

Während viele An-Institute eher kleinere, auf eng gefasste Dienstleistungen und Forschungsthemen spezialisierte Einrichtungen mit einer Handvoll von Beschäftigten sind, können sie prinzipiell durchaus zu größeren Institutionen heranwachsen. Welche Dimensionen das Institutsgeschäft annehmen kann, sieht man an der Rheinisch-Westfälischen Technischen Hochschule (RWTH) in Aachen: Allein dort sind mehr als 500 Personen in 16 An-Instituten angestellt, die jedes Jahr mehr als 46 Millionen Euro an Umsatz erwirtschaften, wobei das Themenspektrum von der Augenheilkunde über die Kybernetik und die Ökosystemanalyse bis hin zur Abwassertechnik reicht. An der Universität Duisburg-Essen beschäftigt dagegen ein einziges An-Institut – das Institut für Energie- und Umwelttechnik e.V. – derzeit über 130 Personen und schreibt mehr als 18 Millionen Euro Jahresumsatz. Mit dem vielzitierten ifo-Geschäftsklimaindex – dem seit 1972 erscheinenden, wichtigsten Konjunkturindikator der deutschen Wirtschaft – begegnet uns sogar das Forschungsergebnis eines An-Instituts regelmäßig in vielen Medien – nämlich des Leibniz-Instituts für Wirtschaftsforschung an der Universität München e.V. (ifo).

Wissenschaftler im Labor
Bildquelle: Uwe Manschwetus erstellt mit DALL-E

Vorteile für Studierende

Auch für Studierende können die hochschuleigenen Firmen und Vereine von Interesse sein, bieten sie doch nicht selten studentische Jobs, Praktika und Themen für Abschlussarbeiten an. Für viele angehende Akademikerinnen und Akademiker ist ein An-Institut der erste „wirtschaftliche“ Arbeitgeber in ihrem späteren Berufsfeld, den sie im Lebenslauf vermerken können. Es kann sich also durchaus lohnen, einmal auf der Webseite der eigenen Hochschule zu recherchieren, welche An-Institute es gibt und welche der eigenen Professorinnen und Professoren dort tätig sind. Und wer weiß – vielleicht kann man sich als Studierender, Doktorand oder Alumni ja sogar selbst an der Gründung eines neuen An-Instituts beteiligen – und dann eines Tages in einem der „Firmenbüros“ und „Vereinsheime“ mitten auf dem Campus arbeiten.

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