Zur Verwendung von Phrasen

Phrasen sind feste Wortverbindungen, die häufig nichts anderes als Floskeln, Worthülsen und Leerformeln sind, mit denen sich schnell bedeutungsschwangere Texte erzeugen lassen. Gut geeignet also für Manager, Politiker und Wissenschaftler.

Phrasen in der Unternehmensführung

Phrasen sind für Manager unerlässlich. Wie sonst sollten Reden auf den Aktionärshauptversammlungen oder Betriebsversammlungen gehalten werden können? Überaus praktisch sind Phrasen auch bei der Erstellung schriftlicher Unterlagen. Besonders Leitbilder lassen sich mit Phrasen rhetorisch prima aufmotzen. Beispiel gefällig?

„Wir stellen unsere Kunden in den Mittelpunkt unseres Handelns. Wir verpflichten uns unsere führende Rolle im Bereich Nachhaltigkeit auszubauen. Wir gestalten unsere Zukunft auf dem Fundament eines erfolgreichen Familienunternehmens.“ Quelle

Yes, das klingt gut und ist praktisch. Schließlich können derartige Leitbilder universell eingesetzt werden. In diesem Fall war es der Konzern Henkel; es hätte aber auch ebenso von der Bäckerei um die Ecke stammen können. Wenn es etwas individueller sein soll, kann der Leitbildgenerator benutzt werden. Klasse Tool, einfach mal ausprobieren.

Leitbildgenerator

Phrasen in der Wissenschaft

Man nehme jede Menge wissenschaftlich klingende Phrasen, spicke sie mit vielen Fremdwörtern, bilde lange Schachtelsätze, füge ein paar verbindende Worte zwischen den Textpassagen hinzu und reiche das Elaborat bei einer renommierten Fachzeitschrift ein. Funktioniert nicht? Von wegen! Der Physiker Alan Sokal hat eben dies gemacht und im Jahr 1996 bei der renommierten Fachzeitschrift „Social Text“ einen Artikel eingereicht, mit dem er das hohle Geschwafel postmoderner Philosophen entlarven wollte. Hier ein Auszug:

„Dadurch wurde immer deutlicher, dass die physische »Realität«, nicht weniger als die gesellschaftliche, im Grunde ein soziales und sprachliches Konstrukt ist, dass wissenschaftliche »Erkenntnis« alles andere als objektiv ist, sondern die herrschenden Ideologien und Machtverhältnisse der Kultur, die sie hervorgebracht hat, widerspiegelt und verschlüsselt… Auf diese Weise höhlt die unendlich dimensionale Invarianzgruppe die Unterscheidung zwischen Beobachter und Beobachtetem auf; das p Euklids und das G Newtons, die früher als konstant und invariant galten, werden heute in ihrer unabwendbaren Historizität gesehen.“ Quelle

Wow, das klingt nach Wissenschaft und ist doch nur eine Parodie. Es ist aber ein brillant gemachter Fake, der als solches nicht leicht zu entlarven war. Schon der Titel war ein Meisterwerk: “Die Grenze überschreiten: Auf dem Weg zu einer transformativen Hermeneutik der Quantengravitation”. Die ganze Story kann bei Wikipedia nachgelesen werden

Phrasen in der Politik

Ältere Semester unter uns erinnern sich sicherlich noch an das vertauschte Video von Bundeskanzler Helmut Kohl zur Neujahrsansprache im Jahr 1986. Wunderbare Worthülsen und Leerformeln, die so beliebig waren, dass viele Zuschauer erst merkten, die Neujahrsansprache vom Vorjahr gehört zu haben, als Kohl alles Gute für 1986 wünschte. Realsatire at his best! Das zu toppen wird schwer. Vielleicht können sich heutige Politiker Inspiration beim unvergessenen Loriot holen:

Loriot: Bundestagsrede "ohne darum herum zu reden", "und warum denn auch nicht"

Loriots Bundestagsrede ist großartig. Eine Rede nur aus Worthülsen! So benutzt man Phrasen! Aber bitte nicht in der Bachelorarbeit.  😉

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