Die SMART-Formel nützt auch Start-ups. Ein Fallbeispiel

Dass Ziele möglichst konkret und realistisch, also „smart“ formuliert sein sollten, steht in jedem Managementlehrbuch. Nicht nur im klassischen Projektmanagement hilft die SMART-Formel bei der Zielplanung, sondern auch bei der Unternehmensgründung – wenn einige Grundsätze beachtet werden. Doch was sind eigentlich SMART geplante Ziele?

SMART geplante Ziele sollen zu Handlungsanweisungen führen

Gemäß der SMART-Formel haben Zielsetzungen fünf Kriterien zu erfüllen, um zum gewünschten Erfolg zu führen:

SMART geplante Ziele sollen

  • speziell sein (d. h. nicht allgemein formuliert, sondern präzise),
  • messbar sein (die Zielerreichung muss sich überprüfen lassen),
  • aktivierend sein (es müssen sich konkrete Maßnahmen ableiten lassen),
  • realistisch sein (es muss möglich sein, die Ziele zu erreichen),
  • terminiert sein (mit festgelegten Zeitpunkten für das Erreichen).

„Ich möchte Programmieren lernen, um mich mit einem Internet-Shop selbstständig machen zu können“, ist als Wunsch oder Vision allein wenig erfolgversprechend. Erst das SMART formulierte Ziel „Bis Ende April werde ich die Kursangebote von drei EDV-Instituten geprüft und mich für einen Kurs entschieden haben“, motiviert zu einem konkreten, zielgerichteten Handeln.

SMART(e) Ziele brauchen Strategien – und umgekehrt

Strategische Absichtserklärungen in der Art von „Wir wollen pünktlicher werden“ (Deutsche Bahn) oder „Wir wollen für mehr Gerechtigkeit sorgen“ (SPD) entfalten genauso viel Wirkung wie manche Koalitionsvereinbarung – nämlich keine. Ohne aus einem hierarchischen Zielsystem abgeleitete „smarte“ (operative) Ziele sind strategische Ziele nur unverbindliches Wunschdenken. Bestenfalls sind sie eine motivierende Vision.

Erst wenn aus Strategien Ziele abgeleitet werden, die angeben, was konkret bis wann erreicht werden soll, ist damit zu rechnen, dass sich etwas bewegt. Genau so richtig ist allerdings, dass „smart“ formulierte Ziele nur zu blindem Aktionismus führen, wenn ihnen die strategische Basis fehlt.

Visionen und To-do-Listen sind kein Ersatz für SMART(e) Ziele

Das gilt auch und gerade für Start-ups. Sehr häufig ersetzt hier der Traum von Wachstum, Größe und Erfolg (gespeist aus einem schier unerschütterlichen Optimismus der Gründer) strategisches Denken und Planen. Die Erfahrung zeigt aber, dass allgemein gehaltene Absichtserklärungen wie „Wir sollten…“ oder „Wir wollen…“ häufig folgenlos bleiben – alle sind sich einig, keiner fühlt sich angesprochen.

Sogenannte To-do-Listen ( z. B. „wer hat was bis wann zu tun?“) sind natürlich besser als lockere Vereinbarungen, doch auch verbindliche Aktionspläne sind kein Ersatz für strategiebasierte „smarte“ Ziele.

To-do-Listen vermitteln zwar das Gefühl, alles unter Kontrolle zu haben und zwingen zum Handeln, schränken aber Handlungsoptionen unnötig ein. Nicht die Maßnahmen bestimmen die Ziele, sondern die Ziele die Maßnahmen. Auch bei kurzfristigen Zielen erweisen sich die vorgesehenen Maßnahmen oft als unbrauchbar und müssen geändert werden, sollen die Ziele noch erreicht werden. Dies gilt insbesondere für Start-ups, die sich in der Regel in einem andauernden Lernprozess befinden.

Auch wenn es auf der operativen Ebene nicht immer einfach ist, Ziele und Maßnahmen auseinander zu halten, sollte dies angestrebt werden, um jederzeit flexibel reagieren zu können.

SMART geplant: Yoga am Strand statt Frust im Büro

In unserem Buch Strategisches Life Management finden Sie ein Fallbeispiel, das zeigt, wie hilfreich strategisch fundierte Planung – von der Situationsanalyse bis zur Festlegung strategischer und operativer Ziele – auch bei der Existenzgründung sein kann. Sie finden das Beispiel nachstehend in verkürzter Form wiedergegeben:

Anja L., Anfang dreißig, ledig, arbeitet als Buchhalterin in Dresden. Sie hat gemerkt, dass ihre Work-Life-Balance aus dem Gleichgewicht zu geraten droht. Als erstes beginnt Sie, über die Ursachen ihrer Unzufriedenheit nachzudenken.

Schritt 1: Situationsanalyse

Anja fühlt sich in ihrem Job eingeengt und nicht genug gefordert. Sie will aus dieser unbefriedigenden Situation heraus.

Schritt 2: Anjas Wünsche (Wertvorstellungen)

Sie möchte selbstständig arbeiten und unabhängig sein, fremde Länder kennenlernen und Zeit für Sport und Fitnesstraining haben.

Schritt 3: Vision und strategische Ziele

Anja nimmt sich vor, in ein paar Jahren über genügend Geld für eine Existenzgründung zu verfügen, betriebswirtschaftliche Kompetenz erworben zu haben, fließend Spanisch zu sprechen und diplomierte Fitness- und Yogatrainerin zu sein.

Schritt 4: Strategiemodell (Umsetzungsplan)

Anja entscheidet sich, ein betriebswirtschaftliches Aufbaustudium zu absolvieren, als Zwischenlösung einen besser bezahlten Job zu suchen und ihre nächsten Urlaube als Sportanimateurin in einem spanischen Ferienclub zu verbringen, um ihr Spanisch weiter zu verbessern.

Schritt 5: Maßnahmenkatalog

Anja entschließt sich, ein Bewerbungstraining zu absolvieren, einen Online-BWL-Kurs an einer Fernhochschule zu belegen und ihren kommenden Urlaub in einer Ferienclubanlage in Spanien zu verbringen, um dort an einem Yoga-Masterkurs teilzunehmen.

Aus dem Maßnahmenkatalog kann Anja nun SMART formulierte Ziele ableiten, die sie innerhalb von z. B. sechs Monaten erreichen möchte.

Zielkontrolle: Was haben SMART geplante Ziele Anja gebracht?

Anja L. hat sich ihren Traum erfüllt. Ihre Zwischenziele hat sie erreicht, auch wenn der ursprüngliche Zeitplan nicht immer eingehalten werden konnte. Heute bietet sie in Kooperation mit deutschen Touristikunternehmen Wellness-Wochen in Spanien an.

smart yoga
Smart gegründet: Anja L., früher Buchhalterin in Dresden, ist heute erfolgreich selbstständig als Fitness- und Yogatrainerin an der Costa del Sol. (Foto: Pixabay)

SMART(e) Ziele sind nicht in Stein gemeißelt

Je feiner Strategiepläne in einzelne Ziele untergliedert sind, desto leichter ist es, sie zu realisieren und ihren Erfolg zu kontrollieren. Erforderliche Anpassungen sind dann schneller möglich.

Zum Management-Modewort „Volatilität“ (= alles schwankt und ändert sich, und zwar immer schneller) hat sich, nicht ohne Grund, ein neuer Begriff gesellt: „Agilität“ (= Fähigkeit eines Unternehmens, flexibel und proaktiv zu agieren). Für Start-ups ist diese Fähigkeit überlebenswichtig. Ihre Businesspläne müssen in der Phase des Markteintritts permanent überarbeitet werden; auch „smarte“ Ziele gehören deshalb immer wieder auf den Prüfstand. Planerfüllung ist kein Wert an sich.

Das sechste Kriterium: Die Motivation

Operative Ziele sollen spezifisch, messbar, anspruchsvoll, realistisch und terminiert sein. So weit, so gut. All diese fünf Kriterien sind für die Zielerreichung notwendig. Ein wichtiger Punkt fehlt aber noch, nämlich die Frage nach der Leistungsbereitschaft, also nach der Motivation:

Wollen Sie (egal, ob als Unternehmer, Manager, Gründer oder Privatperson) Ihr Ziel wirklich, d. h. (fast) um jeden Preis erreichen? Mit anderen Worten: Haben Sie dafür den erforderlichen Ehrgeiz und die Ausdauer, die Entschlossenheit und die Disziplin? Wie anstrengend Veränderungsprozesse sein können, weiß jeder, der mal versucht hat, mit dem Rauchen aufzuhören oder fünf Kilo abzunehmen.

Die SMART-Formel nützt auch in der Vorgründungsphase

Mein Rat an Gründungswillige: Gründen Sie „smart“ – zielorientiert, gut vorbereitet, entschlossen und auf der Grundlage einer nachhaltigen Strategie. Unternehmensgründung darf kein Roulettespiel sein; kein Abenteuer, in das man blind hineinstolpert. Das Risiko lässt sich durchaus eingrenzen, wenn Sie von Anfang an so konkret wie möglich vorgehen. Visionen könnten sich sonst als Illusionen erweisen – ohne Chance realisiert zu werden.

Können Sie die mit Ihrer beabsichtigten Existenzgründung verbundenen ersten Ziele bereits genau beschreiben? Oder ist es eher eine Mischung aus Träumen, Wünschen und unverbindlichen Absichten?

Versuchen Sie zu klären, welche vorbereitenden generellen (strategischen) Ziele erforderlich wären, um Ihre Geschäftsmodell zu verwirklichen. Aus diesen generellen Zielsetzungen lassen sich dann mit Hilfe der SMART-Formel operative Ziele ableiten, die Sie nacheinander oder parallel anpacken können. Haben Sie Geduld – Erfolg ist die Summe vieler kleiner erreichter Etappenziele.

Lesetipp: Strategisches Life Management (Autor: Horst Kleinert),

210 Seiten, Preis 14,90 € (D), ISBN 978-3-945216-19-4 (Thurm-Wissenschaftsverlag)

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