Hören, Lernen, Vergessen?

 Vorlesungen, Seminare und andere Lehrformen

Wissen wird im akademischen Bereich in Form von Vorlesungen, Seminare und Übungen vermittelt. Doch es gibt noch weit mehr Veranstaltungsformen…

Vorlesung seminar bikablo lernen studium projekt praktikum uebung seminar
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Im Erfinden von Begriffen, die das Lehrformat beschreiben, sind die Hochschulen offensichtlich sehr erfinderisch. Die Universität Bielefeld beispielsweise listet annähernd 90 Begriffe auf. Hier gibt es Experimentalseminare, fachdidaktische Kurse, Hospitationen, Kolloquien, lehrpraktische Übungen, Sitzungen, Studienprojekte und vieles mehr. Diese Vielfalt erklärt sich zum einen durch die fachspezifischen Besonderheiten der einzelnen Studiengänge. Zum anderen sind gerade bei sehr großen Universitäten die Bezeichnungen für die Lehrformen zwischen den Fakultäten nicht abgestimmt. So kann es vorkommen, dass gleiche Lehrformen mit unterschiedlichen Begriffen belegt sind. Um sich in diesem Wirrwarr zurecht zu finden, hilft ein Blick in das sogenannte kommentierte Vorlesungsverzeichnis. Gewöhnlich sind die Vorlesungsverzeichnisse auf den Web-Seiten der jeweiligen Hochschule zugänglich. Während das allgemeine Vorlesungsverzeichnis einen Überblick aller Lehrveranstaltungen der Hochschule bereithält, finden sich im kommentierten Vorlesungsverzeichnis detaillierte Informationen und Beschreibungen der einzelnen Lehrveranstaltungen. Dazu gehört u. a. der Inhalt, die Lehrform, die Lehrkraft, die Credit Points, die Prüfungsform, Ort und Zeit.

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Betrachten wir die wichtigsten Lehrformen, die in den meisten Studiengängen an Fachhochschulen und Universitäten angeboten werden. Als wichtigste Lehrform mit der größten Tradition gilt die Vorlesung. Dabei trägt die Dozentin oder der Dozent den Stoff im Hörsaal vor. Nomen est omen: Sie sitzen als Studierender im Saal und hören zu. Die Art und Weise der Darbietung kann sehr unterschiedlich sein. Vom reinen Vorlesen aus einem Buch bzw. Skript (was sehr ermüdend sein kann) bis hin zu einem lebhaften Vortrag mit multimedialer Unterstützung und unter Einbezug der Anwesenden ist vieles möglich. Allen Vorlesungen ist aber die Intention gemeinsam, das Wissen vom Dozenten zum Auditorium zu vermitteln. Interaktionen und Diskussionen können vorkommen, spielen gewöhnlich aber keine große Rolle. Werden einzelne Veranstaltungen einer Vorlesungsreihe von verschiedene Dozenten bestritten, spricht man auch von einer Ringvorlesung. Vorlesungen werden meist für große Gruppen gehalten, die durchaus mehrere hundert Studierende beinhalten können. In den Anfängen der akademischen Lehre, als es noch keine Bücher gab oder diese noch nicht als Massenware zur Verfügung standen, waren Vorlesungen unerlässlich. Heutzutage besteht diese Notwendigkeit nicht mehr und es wird zu Recht gefragt, ob diese Art der „Druckbetankung“ noch ein zeitgemäßes und didaktisch sinnvolles Instrument zur Wissensvermittlung ist. Sie werden aber in Ihrem Studium auf jeden Fall mit Vorlesungen zu tun haben. Daher sollten Sie das Beste daraus machen. Und das bedeutet definitiv nicht dösen oder mit dem Smartphone spielen. Empfehlenswert sind Mitschriften anhand derer Sie den Stoff zuhause noch einmal nacharbeiten können.

Übungen sind in der Regel an eine Vorlesung gekoppelt und sollen den dort vermittelten Stoff verfestigen und anhand von Aufgaben vertiefen. Häufig werden diese Veranstaltungen auch von Studierenden aus höheren Semestern abgehalten. In diesem Fall ist die Bezeichnung Tutorium üblich. Insbesondere im Hinblick auf die Prüfungsvorbereitung sind Übungen / Tutorien unerlässlich. Die Gruppengröße ist wesentlich kleiner als in Vorlesungen und ermöglicht es Studierenden Verständnisfragen zu stellen, die sie in einer Vorlesung nicht stellen würden oder konnten.

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Die dritte Säule der akademischen Ausbildung sind Seminare. Bei dieser Veranstaltungsform ist eine höhere Aktivität der Studierenden gefordert. Dies kann so ablaufen, dass in einem seminaristischen Lehrgespräch Studierende Fragen der Dozentin / des Dozenten beantworten oder ermuntert werden, selber Fragen zu stellen. Im Idealfall entsteht eine anregende und lehrreiche Diskussion. Es können aber auch andere didaktische Formen wie Gruppenarbeiten oder Referate zum Einsatz kommen. Damit der stärkere Einbezug der Studierenden realisiert werden kann, haben Seminare eine geringere Gruppengröße als Vorlesungen. Die Prüfungsformen sind in Seminaren in der Regel anders als bei Vorlesungen. Während bei Vorlesungen Klausuren dominieren kommen bei Seminaren auch Referate und Hausarbeiten als Prüfungsformen in Frage. Je nach Phase des Studiums werden Proseminare am Anfang des Studiums von Hauptseminaren für Fortgeschrittene in höheren Fachsemestern unterschieden.

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Insbesondere wenn im Studium ein starker Praxisbezug hergestellt werden soll, kommen noch weitere Veranstaltungsformen in Frage. In einem Praktikum werden praktische Teilaspekte des Studiums vertieft. Dies kann außerhalb der Hochschule in einem Praktikumsbetrieb oder in der Hochschule in einem Labor stattfinden, in dem z. B. Experimente durchgeführt werden (Laborpraktikum). Im Rahmen von Exkursionen, die von einem Tag bis zu mehreren Wochen dauern können, werden vor Ort Fragestellungen beantwortet und theoretisches Wissen praktisch umgesetzt. Schließlich sind noch Projekte zu nennen. Projekte werden unter Anleitung einer Lehrkraft von Studierenden selbstständig durchgeführt. Das Wesen von Projekten ist, dass sie ergebnisoffen sind. In einem Projekt können Sie nicht nur Ihr Fachwissen anwenden, sondern sie erlernen zusätzliche Fähigkeiten wie das Projektmanagement und trainieren die Zusammenarbeit in einer Gruppe.

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Ein großer Einfluss auf Lehr- und Lernkonzepte geht von der Digitalisierung aus. Die akademische Wissensvermittlung unterliegt derzeit einem Technik getriebenen Transformationsprozess, bei dem aber noch viele Fragen offen sind. Wir gehen in einem weiteren Beitrag darauf ein und thematisieren MOOC‘s (Massive Open Online Course) und andere digitale Lernformen.

Grundsätzlich sind Veranstaltungsformen im akademischen Bereich auf dem Vormarsch, die weniger auf die klassische Wissensvermittlung im Sinne eines Frontalunterrichts setzen, sondern das Engagement und die aktive Teilnahme der Studierenden einfordern – sei es nun über digitale Medien oder im Seminarraum. So bringt Lernen für alle Beteiligten mehr Spaß und durch aktive Teilnahme bleibt das Erlernte besser im Gedächtnis haften. „Mitmachen, Erfahren, Behalten“ statt „Hören, Lernen, Vergessen“ lautet die Devise.

Illustration: Ellen Burgdorf auf Basis von bikablo.

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